Mit Hilfe des zerbrechlichen, anmutigen Kleinodes "Pilgrims On The Path Of No Return", bringt der Solo-Künstler Simon Bibby (MY SILENT WAKE, SEVENTH ANGEL) die Traurigkeit über das Scheitern der Wesenheit Mensch in seiner Gesamtheit zum Ausdruck. Von Schwermut und Melancholie getragene fragile Doom Metal Kompositionen künden von Schmerz, Resignation, Suizidgedanken und Prävention, gleichwohl aber auch von Tatendrang, Aufbruch, Stärke und dem Willen zur Veränderung, den wir alle so bitter nötig haben. "Pilgrims on the Path of no Return" ist ein Debütalbum der ruhigen, introvertierten und verletzlichen Töne geworden, das an ausgewählten Stellen durchaus auch ausbrechend impulsiv werden kann. Hierfür hat sich der Brite aus Derbyshire eine ganze Menge Gastmusiker mit ins Boot geholt.
Sieben episch-monumentale Stücke, mit solch unterschiedlichen Lauflängen von 03:37 Minuten bis 14:39 Minuten sind dabei entstanden, die das Zeitgefühl aussetzen, obschon sie den Sand in etwas über einer dreiviertel Stunde durch das Stundenglas sickern lassen. Dabei eröffnet das sinnlich-charismatische "As the Light Fades" einen Songreigen voller unbändigem Sog und einer immensen Tiefenwirkung. Es nimmt den Zuhörer mit auf eine auditive Reise jenseits der diesseitigen Welt. Simons sinnlich vorgetragener, heller, einfühlsamer Klargesang berührt mein Herz von Anfang an. Es werden jedoch immer mal wieder röchelnde Death Growling Sequenzen von Ian Arkley (GUILLOTINE DREAM, MY SILENT WAKE) als Vocaldoubling unter sein zumeist eher hohes Timbre gelegt, um den Eindruck von Kälte und Endgültigkeit nachhaltig zu verstärken. Der unaufgeregt offene, stets melodische, aber auch zauberhaft melancholische Gitarrensound, mit seinen spacigen, langgezogenen Leads, wird häufig von sakral anmutenden oder choralen Synthsoundlayers begleitet und erinnert nicht selten an die schwedischen Doom Metal Connaisseurs ISOLE.
Simon Bibbys nostalgische Verbundenheit zum Folk des Vereinigten Königreichs macht sich in der Einbindung von Low Whistles, Blockflöte, Uillean Pipes (für Irland typischer Dudelsack) gespielt von Ella Zlotos (EPHEMERAL), sowie Pianoklängen bemerkbar, ist aber zu keiner Zeit überproportioniert oder tonangebend.
Mit dem anschließenden "The Precipice" bricht sich einer der besten Songs Bahn, den ich in diesem Jahr gehört habe. Bei dieser dramaturgischen Emotionalität und dem göttlichen Gitarrenwerk läuft es einem heiß und kalt den Rücken herunter. Ein 100%iges Meisterwerk! Der Brite Simon Bibby ist ein wahnsinnig guter Sänger, der genau weiß, wie er seine anmutigen Vocalparts der jeweiligen Stimmung entsprechend einzusetzen hat. Simon agiert dabei wie das letzte Mosaik, das eine Komposition zu einem wahren Opus Magnum erhebt. Die bockstarken Growls entstammen in diesem Fall dem Organ von Sergio Gonzalez Catalan (RISE TO THE SKY, WINDS OF TRAGEDY). "Yearning", mit seiner ausladenden Piano-/Flöten-Einleitung ist eine schleppende Nummer, die vor Wehmut geradezu trieft und das Auditorium mit seiner göttlichen Hingabe verzaubert. Das darauffolgende "When the Spirit Departs the Body" hingegen ist ein warmer Song, der mit seiner wahnsinnig geilen Instrumentierung (gerade was die handgestimmte Orchesterpauken von Session-Drummer Ben Griffiths anbetrifft), seiner choralen Samples und natürlich Simons fragilen "embracing Vocals" besticht. Man spürt eine Art Sterben und die anschließende Wiedergeburt (was ich mir notierte, obschon ich den Titel dieses Stückes, das man unbedingt laut genießen sollte, noch gar nicht kannte).
"Confessions" ist etwas lauter, sehr dynamisch und geradezu extrovertiert. Hier hat Paul Jones (ENCHANTMENT) seinen verbalen Fingerabdruck in Form von Growlgesang und eines gesprochenen Parts am Ende des Tracks hinterlassen.
Die warmen und kalten Töne von "Aefnian" greifen ineinander wie Ebbe und Flut. Auch der fast 15 Minuten lange Abschlusssong "The Search for Meaning" ist ein schleppendes, harmonisches und eufonisches Meisterstück, das immer mal wieder auf die Kraft der Lautstärkedynamiken setzt. Diese sinnliche, elfengleiche Musik, die Simon in seinem Haus in Derbyshire aufgenommen hat, würde ich mir gerne mal gemeinsam mit einem renommierten Orchester geben. "Pilgrims on the Path of no Return", das von Greg Chandler (ESOTERIC, LYCHGATE, SELF HYPNOSIS), der hier auch bei zwei Tracks als Gastsänger fungierte, in seinen Birminghamer Priory Recording Studios abgemischt und gemastert wurde, ist ein musikalischer Leckerbissen, von dem ich gar nicht genug bekommen kann. Diese atmosphärische Ode an die Trauer scheint sich selbst in seiner momentan befindlichen Dauerrotation nicht abzunutzen. Ich würde es natürlich niemals zugeben, aber beim Abtauchen in dieses Meisterwerk wird so manche Träne die Wangen herunterkullern! Dass sich das Record Label Hammerheart Records diesen Ausnahmekünstler gekrallt hat, kann ich nur allzu gut nachvollziehen. These are songs for a dying world. So, don't look back, cause we are all Pilgrims on the path of no return!
(Janko)
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LACK OF LIES - Wertung: 95/100
THY LISTLESS HEART in der "Pilgrims on the Path of no Return" Besetzung:
Simon Bibby - Vocals, Guitars, Bass, Keys
Session:
Ben Griffiths - Drums
Tracklist:
01. As the Light Fades (06:58)
02. The Precipice (05:55)
03. Yearning (05:13)
04. When the Spirit Departs the Body (05:47)
05. Confessions (05:12)
06. Aefnian (03:37)
07. The Search for Meaning (14:39)
TT: 45:54 Minuten
Anspieltipps: Das komplette Album
The Precipice:
Yearning:
Aefnian: