Der 49-jährige, dutzendfach ausgezeichnete Horror-, Krimi- und Science-Fiction Autor Stephen Graham Jones, der als registriertes Stammesmitglied den Blackfeet Indian Reservation of Montana angehört und ursprünglich aus Midland, Texas stammt, ist schon ein echtes Unikat. Er besitzt einen unkonventionellen, metaphorischen, wie humorvollen "easy living" Schreibstil, der sich nicht immer gleich auf Anhieb vollständig entschachteln lässt und hier und da ein zweites Mal gelesen werden will. Auch der jeweilige Kontext seiner Worte, erschließt sich dem Leser das ein oder andere Mal erst im Nachhinein. Rein nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel, verwirrt Jones den Leser gerne für einige ausgewählte Momente. Damit muss man als Leser erst mal klar kommen. Wortgewandt, facettenreich und messerscharf seziert der amerikanische Autor Jones seinen literarischen Trip. Die sonderbare, sicherlich nicht ganz alltägliche Geschichte "The Only Good Indians" ist alles andere als neurologisches Totholz, ist allerdings tief in diversen Ups und Downs verwurzelt, die durchaus stattliche Längen aufweisen. Ich empfand sie daher phasenweise gar als regelrecht anstrengend. Trotzdem ist mir das anspruchsvolle Storyboard, mit seinen vielen Facetten, auf das sich der Bücherfreund nun mal einlassen muss, sogar ein klein wenig ans Herz gewachsen. Das liegt in der Hauptsache an der unkonventionellen Erzählung, die der Blackfoot-Indianer Stephen Graham Jones hier zum Besten gibt. Wer Probleme mit der, ab und an aufkeimenden Gewalt gegen Tiere hat, ist mit der Fiktion um Rituale, kulturelle Identität, Brauchtum, Aberglaube, Mythen, Sagen, Vergeltung, Gewalt, Rassismus, Klischees und Ausweglosigkeit, allerdings nicht sonderlich gut beraten.
Die genreübergreifende Story "The Only Good Indians" spielt in verschiedenen Landesteilen der USA. Als der Indianer Richard "Ricky" Boss Ribs eine völlig überfüllte Bar in Williston, North Dakota verlässt, um sich auf dem dazugehörigen Parkplatz zu erleichtern, wird er mit einem unrühmlichen Teil seiner Vergangenheit konfrontiert, die ihn letztendlich einholt und die er teuer bezahlen muss. Sein alter Freund Lewis A. Clarke hat in seinem Wohnzimmer in Great Falls, Montana etwa zur gleichen Zeit eine Vision, die ihn an eben jenes traumatische Erlebnis vor etwa einer Dekade erinnert, als die jungen Männer, Richard "Ricky" Boss Ribs, Gabriel "Gabe" Cross Guns, Cassidy "Cass" Sees Elk und Lewis himself deutlich aufgezeigte Grenzen überschritten. Die damit verbundenen vergeistigten Schuldgefühle beschäftigen ihn so sehr, dass Lewis daran zerbricht. Der Geist der Vergangenheit setzt eine unvorhersehbare Abfolge von Geschehnissen in Gang, deren jeweiligen Ergebnisse nichts Gutes verheißen. Die Visionen und damit verbundenen Halluzinationen treiben ihn allmählich in einen schizophrenen Wahn, der ihn falsche Schlüsse ziehen lässt und für Lewis Schub für Schub zu einer Art okkulten Obsession aus Blut, Wahn, Besessenheit und Gewalt gerät. Diese tödliche Schnittmenge der Absonderlichkeiten führt ihn letztlich dazu irrationale, gleichwohl endgültige Entscheidungen zu treffen. Damit tritt Lewis A. Clarke die erdenklich größte Scheiße seiner erdenklich kleinen Welt los...oder sind seine teils wirren Gedankengänge doch gar nicht so abwegig und er kämpft sogar ganz bewusst um sein eigenes (Über-)Leben? Selbst für seine Freunde indianischer Abstammung Gabe und Cassidy wird es langsam eng und auch sie erleben alsbald den Albtraum ihres eigenbrötlerischen Lebens in einem mystischen Showdown…
Der 12. Band der limitierten Cemetery Dance Germany-Reihe, ist eine tiefgreifende, fiktionale und intelligente Mystery Horror-Story, die auf ihre fast schon introvertierte Weise offensiv um Aufmerksamkeit heischt, von daher kaum zum unkonzentrierten Lesen taugt und somit nicht jedermanns Sache sein dürfte. Voller unverhohlenem Sarkasmus und mit einer gehörigen Portion Zynismus jongliert Stephen Graham Jones mit der Tristesse und der scheinbaren Sinnlosigkeit eines Lebens mit indigener Abstammung im heutigen Amerika. Die ausdrucksstarken Illustrationen von Vincent Chong sind faszinierend, authentisch und voller Leben. Sie visualisieren die Ausstrahlung und das Ambiente der mystischen, von starken Emotionen geprägten Story auf imposante Weise. Diese schmucke, auf 999 Exemplare limitierte und vom Autor Stephen Graham Jones, sowie dem Illustrator Vincent Chong handsignierte Aufmachung der sonderbaren Geschichte "The Only Good Indians" braucht zugegebenermaßen ein bisschen um so richtig in Fahrt zu kommen. Trotzdem mochte ich die Handlung und ihre empathisch gezeichneten Charaktere. Der Bestsellerautor von fast dreißig Romanen, Kurzgeschichtenanthologien, Novellen und Comics lebt heute in Boulder, Colorado und unterrichtet als Professor für Englisch an der University of Colorado in Boulder, der University of California Riverside und gelegentlich im Palm Desert Institute of American Indian Arts.
(Janko)
Brutalität/Gewalt: 63/100
Spannung: 67/100
Action: 70/100
Unterhaltung: 82/100
Anspruch: 46/100
Humor: 19/100
Sex/Obszönität: 06/100
LACK OF LIES - Wertung: 79/100
Stephen Graham Jones - The Only Good Indians
Buchheim Verlag
Horror
ISBN: Privatdruck ohne ISBN
368 Seiten
Gebundene Ausgabe mit Lesebändchen; Amerikanisches Buchformat 23,5 x 16,5 cm
Originaltitel: The Only Good Indians
Aus dem Englischen von Iris Bachmeier
Limitierung: 999 Stück
Erscheinungstermin: 16.12.2021
EUR 39,99 [DE] inkl. MwSt.