Nicht ganz ein Jahr nach Veröffentlichung ihres Debütalbums "Flux", schiebt die Berliner Progressive/Post Death Combo SEYR ihre neue One-Take-EP "27 Million" nach. Das etwas über 16 Minuten rotierende Juwel wurde in ein kontrastreiches, regelrecht fragiles, gleichwohl aber auch gewaltiges, modernes und spaciges Klangkorsett gehüllt. Das Deutsch/Syrische Quintett, das sich erst im Jahre 2020 zu einer vollwertigen Band mauserte und zuvor rein instrumental agierte, geht hierbei recht vielseitig und abwechslungsreich zu Werke. Mal agiert man progressiv, mal thrashig, teils Death Metal-artig, dann wieder doomig oder man verliert sich schon mal in Deathcore-Sequenzen. "27 Million" ist zum Eintauchen in eine andere Welt konzipiert und erinnerte mich bisweilen an KARDASHEV, KATATONIA oder auch ältere OPETH.
Sebastian "Elmo" Elms facettenreiche Gesangsstile und Timbres reichen von erzürntem, düsterem oder bellendem Death Growling über einfühlsamen, beinahe opern-mäßigen oder auch aggressiven Klargesang. Dass Elmo bei keinerlei Gesangsvariablen auch nur annähernd ins Straucheln gerät, ist schon bemerkenswert und bedarf einer strikten Disziplin und konsequenter Übung! Natürlich ist immer Luft nach oben, aber das ist schon recht amtlich, was der Fronter und seine Instrumentalsektion hier abliefern. Auch der gefühlvolle, sphärische Gitarrensound von Levon Khatchatrian und Omar Meli ist über jeden Zweifel erhaben. Die beiden nutzen die unterschiedlichsten Techniken an ihren Streitäxten. Max Krügers Tieftöner unterfüttert das kontrastierende und genreübergreifende Crossover, das im Grenzstreifen zwischen harten und lowen Klängen watet. Der Leidenschaft, der Energie und der Inspiration wurde auf "27 Million" viel Raum zur Entfaltung gelassen. So hat man beispielsweise ein akustisch-anmutiges Sung/Spoken Word Interludium am Start, welches irgendwann in eine folkloristisch angehauchte Passage übergeht, die später mit einem pumpenden Herzschlag unterlegt wird. In dieser Passage erinnern SEYR stark an die clean gesungenen Passagen von SYSTEM OF A DOWN.
Der technisch-progressive Gedanke setzt hier starke Akzente, ohne verspielten Frickeleien zum Opfer zu fallen. Levin Wießners Drumparts sind der jeweiligen Situation angepasst, fallen selten auffällig aus der Reihe, sind aber auch eher für die wechselnden Tempi maß- und tonangebend. Je intensiver man sich mit "27 Million" beschäftigt, desto bewusster wird einem die Klasse, die diesem bockstark inszenierten Kleinod innewohnt. Die Jungs verstehen ihr Handwerk und können schon jetzt mit den Szenegrößen pissen gehen! Es würde mich schon sehr wundern, wenn man von der Deutsch/Syrischen Freundschaft künftig nicht noch mehr hören würde. SEYR wissen, was sie tun und haben Know-how, Charisma, Aura und Flair!!! Produziert, gemischt und gemastert wurde "27 Million" im Fallen Matter Studio. Einen ersten Eindruck von dem neuen Material, kann man sich über die, aus der One-Take-EP extrahierten Videos zu "Opaque" und zu "Tide of Mourn" machen.
(Janko)
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LACK OF LIES - Wertung: 92/100
SEYR in der "27 Million" Besetzung:
Sebastian Elm - Vocals
Levon Khatchatrian - Guitars (lead)
Omar Meli - Guitars (rhythm)
Max Krüger - Bass
Levin Wießner - Drums
Tracklist:
01. 27 Million (16:03)
TT: 16:03 Minuten
Anspieltipps: die komplette EP
Opaque:
Tide of Mourn: