OPETH - Sorceress
Den Black- und Death Metal der Anfangstage längst hinter sich gelassen, haben sich OPETH indes dem unkonventionellen, progressiven Rock und Metal verschrieben. Die schwedische Ausnahmeband um Bandkopf Mikael Åkerfeldt veröffentlicht dieser Tage ihre zwölfte Kunststoff Drehscheibe über ihr eigenes Label Moderbolaget Records (Muttergesellschaft Records) in erstmaliger Zusammenarbeit mit Nuclear Blast. Die Stockholmer, die ihren Bandnamen von Opet (der Stadt des Mondes in Wilbur Smiths Roman „Der Sonnenvogel“) ableiteten, gründeten sich im Jahre 1990 und schleppen mittlerweile einen riesigen Backkatalog mit sich herum. Das neu hinzugekommene, 56:35 Minuten zirkulierende „Sorceress“ macht seinem oder besser gesagt ihrem Namen (Sorceress = Zauberin) alle Ehre. OPETH sprengen mit ihrer experimentellen, vielschichtigen Musik jegliche Konventionen. Sie sind tiefgründiger, ausgedehnter, schöpferischer, weitsichtiger und feinfühlender als manch andere Band dieses Genres. Ein eingespieltes Team, das in dieser Besetzung seit über fünf Jahren konstant zusammenarbeitet. Parallelen zu den befreundeten KATATONIA fallen ins Auge, nein ins Ohr, denn auch diese beschritten ähnliche Wege weg vom Death Metal, hin zum Progressive Rock. Im Gegensatz zu KATATONIA ist man allerdings extrovertierter, bunter und lauter, sucht aber ebenfalls immer wieder introvertierte, seichte Ruhepole auf. „Sorceress“ entfesselt die Wildheit, Schönheit und Allmacht zeitgenössischer Musik, kann aber, nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen, gewöhnungsbedürftigen Einflüsse zeitweise etwas befremdlich wirken. Auch orientalische Anklänge finden wieder Einzug in die leicht melancholisch psychedelisch angehauchte Musik. OPETH haben ein sehr stimmungsabhängiges Album entworfen. Ein Album auf das man sich einlassen, auf das man Lust haben muss. Dabei gilt es die verschiedensten Facetten innerhalb der Kompositionen zu entdecken, in sich aufzusaugen und für sich selbst zu verarbeiten, wobei sich das vielseitige „Sorceress“ nicht beim ersten Durchgang zur vollen Blüte entfalten dürfte. Häufiger Einsatz der Akustikgitarre und filigrane Soli, Bouzouki, Rasseln, Bongos und andere Perkussionsinstrumente ziehen das musikalische Geschehen in die Breite. Gerne spielt man auch mit Tonstärkedynamiken und bildet verschiedenartige Kontroversen. Die extravaganten Einflüsse verleihen dem musikalischen Grundgerüst eine ungewöhnliche, nein außergewöhnliche Struktur und erheben dieses auditive Kunstwerk zu einem facettenreichen Gesamterlebnis. Die ab und an eingestreuten verfrickelten, jazzigen oder gar bluesigen Parts, auf die Mikael sicherlich enorm stolz ist, sind mir zwar zum Teil etwas zu aufgeregt, überwiegen aber zu keinem Zeitpunkt die Szenerie und bleiben daher praktikabel. Die musikalische Linie ist meist fern von eingängigen Hooks oder Bridges, denn der Schweden Fünfer beschreitet gerne neue, unausgetretene Pfade. Textlich konzentrierte sich Bandkopf und Ex-BLOODBATH Growler (bis 2012) Mikael Åkerfeldt auf das Themenfeld der Liebe und was sie mit denen anstellt, die sich von ihr lossagen. Es geht um Eifersucht, Verbitterung, Paranoia und all die Spielchen, die Liebe mit unseren Köpfen treibt. Dass hier Meister ihres Fachs am Werk sind, ist unbestritten, dennoch empfinde ich „Sorceress“ als ein Aufmerksamkeit heischendes Album, das man am besten alleine, über audiophile Kopfhörer oder laut über die Anlage absorbieren sollte. Wie der achte Track besagt, ist das Ganze definitiv ein „Strange Brew“. Hieran dürften sich die Geister scheiden! Von mir aber ein klares HAIL, denn musikalisch hat mich „Sorceress“ längst verzaubert.
Meine Wertung: 82/100
OPETH in der aktuellen Besetzung:
Mikael Åkerfeldt | Gesang, Gitarre
Fredrik Åkesson | Gitarre
Martin Mendez | Bass
Martin Axenrot | Schlagzeug
Joakim Svalberg | Keyboard
Ein ausführliches "Hail or Kill" zu "Sorceress" gibt es auf www.totentanz-magazin.de: