Streetdate: 12.01.2018 / AFM Records
Streetdate: 12.01.2018 / AFM Records

LEAVES’ EYES - Sign Of The Dragonhead

(AFM Records)

 

Seit sich im Sommer 2003 die komplette ATROCITY Backmannschaft hinter die zierliche Sängerin Liv Kristine stellte, haben sich die Symphonic Metaller LEAVES’ EYES in der Szene etablieren können und erfreuen sich heute allergrößter Beliebtheit. Dem tat auch die Trennung von Liv (aufgrund musikalischer und persönlicher Differenzen) im April 2016 kaum einen Abbruch. Eine neue Frontfrau war in der Finnischen Singer-Songwriterin Elina Siirala, die auch als Vocal Coach arbeitete, schnell gefunden. Elina ist außerdem noch Sängerin der, von ihr gegründeten englischen Melodic Metal Band ENKELINATION, die sich im April 2016 in ANGEL NATION umbenannte. Einen kleinen auditiven Vorgeschmack auf Frau Siirala als neue am Mikro, gab es ja bereits Ende des Jahres 2016 mit der tauglichen Five-Track EP „Fires in the North“.

 

„Sign Of The Dragonhead“, indes das siebte Opus der Symphonic Metaller aus Ludwigsburg und Helsinki, ist ein weiteres Mal episch gezeichnet, dafür aber auch etwas überladen und leider viel zu seelenlos umgesetzt. Die orchestrale Architektur und die durchgehend zugängliche, teils blumige Inszenierung dieser Symphonic Metal Oper, trägt Wikingersagen und nordische Mythologie zumeist im mittlerem Geschwindigkeitsbereich vor und kombiniert diese mit traditionellem Folk, keltischen Elementen, mystischen Sounds und klassischer Musik. Unterstützung erhielt das Quintett dabei zum einen vom legendären Soundtrack-Chor „London Voices“ („Star Wars“, „Lord Of The Rings“, „Hunger Games“), sowie Victor Smolskis‘ „Almanac Symphony Orchestra“ aus Minsk. Neben den üblichen Verdächtigen des Metalgenres kommen Instrumente, wie die mittelalterliche Nyckelharpa, Fiedeln, Uilleann Pipes (irischer Dudelsack) und Pfeifen zum Einsatz. Klingt soweit doch eigentlich ganz gut, aber mehr Spannung kriege ich hier beim besten Willen nicht mehr reingetextet.

Photo Credit: Stefan Heilemann
Photo Credit: Stefan Heilemann

Ist der Opener und Titeltrack „Sign Of The Dragonhead“ noch recht gut arrangiert und bietet eingängige Feier- und Mitsing-Refrains, wirkt dieser in seiner Gesamtheit bereits irgendwie gelangweilt. Der Follower „Across The Sea“ ist mir indes zu brav und weichgespült. Da können auch Axels’ ab und an einsetzenden Death Grunts nichts dran ändern. Vielleicht liegt es auch ganz einfach an der engstirnigen und mir in diesem Fall zu klinischen Produktion. Beim dritten Track „Like A Mountain“ bekommen vielleicht gerade noch pubertierende Mädchen ein feuchtes Höschen, bei mir regt sich da gefühlstechnisch jedenfalls rein gar nichts. Auch mit „Jomsborg“ wird kräftig Richtung Charts geschielt. Und auch der nächste Track „Völva“ klingt zu sehr nach Schema F, ohne Abweichungen nach oben oder unten. Man hätte Elina stimmlich doch bestimmt auch höher und tiefer, lauter und leiser, kraftvoller und sanfter, vor allen Dingen aber mehr mit Leib und Seele singen lassen können!?! Das darauffolgende „Riders On The Wind“ ist für mich ein absoluter Totalausfall und könnte rein instrumental auch die Anfangsmusik zu einem Bibi Blocksberg Hörspiel sein. Müsste, beziehungsweise wollte ich dieses Album nicht im Vorfeld rezensieren, wäre bei mir hier spätestens jetzt Schluss! Echt zum Fremdschämen. Dabei hatte man mit der „Fires In The North“ EP doch eigentlich bereits den richtigen Weg eingeschlagen. Auch „Fairer Than The Sun“ ist absolut nichtssagend.

Photo Credit: Stefan Heilemann
Photo Credit: Stefan Heilemann

Der Gesang ist im Allgemeinen recht emotionslos gehalten. Sogar das Instrumental „Rulers Of Wind And Waves” krankt an seinen, sich zu oft wiederholenden Loops. Obschon ein Album wie „Sign Of The Dragonhead“ von Emotion und Inspiration getragen werden sollte, vermisse ich diese fast gänzlich. Da ist das bereits bekannte „Fires In The North“ für mich noch der beste Song des Albums.

 

Die Arrangements und deren Umsetzung sind bei weitem zu verspielt und lediglich ganz nett anzuhören. Da bleibt auch nicht sonderlich viel beim Hörer hängen. Elina klingt austauschbar, ihre Stimme ist zu dünn und Variabilität muss ich ihr in diesem Falle leider ganz absprechen. Hat man ihr hier etwa Herz und Seele herausproduziert? Was ist nur aus den wundervollen, warmherzigen und wandlungsfähigen Vocals der Sopranistin geworden? Wo ist das Besondere, Schöne, Filigrane, aber auch Ausdrucksstarke in Elinas Stimme abgeblieben? Hat man seit der „Fires In The North“ EP denn tatsächlich dermaßen stark abgebaut? Die Songs der EP hatten noch Charakter, Herz und Seele und hoben sich von den Plastik Pop Produktionen, die sich leider in diesem Genre wie eine blutsaugende Zwecke festgebissen haben, deutlich ab. Nun ist man mit „Sign Of The Dragonhead“ leider genau dort gelandet. Axels‘ hin und wieder eingebrachte Death Vocals sind irgendwie schwammig und besitzen kaum Durchsetzungsvermögen, von ihrer Belanglosigkeit einmal ganz abgesehen. „Sign Of The Dragonhead“ setzt vom Erklingen des ersten Tons von „Sign Of The Dragonhead“ bis zum Verklingen des CD- und Vinyl-Rausschmeißers „Waves Of Euphoria“ auf permanente Eingängigkeit, vergisst darüber allerdings auf die elementaren Werte dieses Genres näher einzugehen. Man kann es nicht anders sagen, aber das gesamte Album wurde schlichtweg totarrangiert und totproduziert.

Photo Credit: Stefan Heilemann
Photo Credit: Stefan Heilemann

Da verfälscht das starke Coverartwork von Stefan Heilemann (EPICA, KAMELOT, LINDEMANN) das Bild der weichgespülten, massentauglichen Musik doch gewaltig. Die überkandidelte Produktion fand gemeinsam mit Gitarrist Thorsten Bauer in Axel Krulls‘ Mastersound Entertainment Studio statt. „Sign Of The Dragonhead“ beherbergt in der normalen CD- und Vinyl-Version elf belanglose Tracks, die in 47:07 Minuten runtergenudelt werden. Die Boni des 2-CD Digibooks „Beowulf” und „Winter Nights“, die sich neben sämtlichen Tracks als Instrumentalversionen, auf der neuen Studiobratpfanne befinden, liegen mir hier zu Besprechung nicht vor. Missen tue ich sie ehrlich gesagt allerdings nicht sonderlich. Versteht mich an dieser Stelle bitte nicht falsch, denn die Arrangements sind sicherlich nicht generell verkehrt. Vielleicht hat man sie aber doch etwas zu sehr durchexerziert und dadurch überstrapaziert. Die Abkehr vom Metal hin zum „Pop“ schmeckt mir auch nicht sonderlich. Es wird zwar noch immer das ein oder andere schwere Riff aufgefahren, welches aber von der gesamten, massentauglichen Symphonic vollkommen überlagert wird. „Sign Of The Dragonhead“ wird dennoch sicherlich eines der erfolgreichsten Alben der Bandgeschichte werden und sich weit oben in den Charts festsetzen, denn es ist definitiv Fastfood für die breite Masse und biedert sich stark dem Mainstream an. Wer will es Axel, Elina, Thorsten, Pete und Joris allerdings auch verdenken? Die Kasse muss schließlich stimmen, denn jünger wird man ja auch nicht mehr. Diese Friede, Freude, Eierkuchen-Musik hört sich für mich jedoch an, wie auf einer Blumenwiese aufgenommen.

Photo Credit: Stefan Heilemann
Photo Credit: Stefan Heilemann

http://www.leaveseyes.de/

https://de-de.facebook.com/leaveseyesofficial/

 

Meine Wertung: 73/100 

 

LEAVES’ EYES in der aktuellen Besetzung:

Elina Siirala – Vocals

Alexander Krull – Vocals, Keyboards, Samples

Thorsten Bauer – Guitars

Pete Streit – Guitars

Joris Nijenhuis – Drums

Tracklist:

01. Sign Of The Dragonhead (04:07)

02. Across The Sea (03:49)

03. Like A Mountain (04:44)

04. Jomsborg (03:25)

05. Völva (03:38)

06. Riders On The Wind (03:53)

07. Fairer Than The Sun (04:20)

08. Shadows In The Night (03:48)

09. Rulers Of Wind And Waves (03:00)

10. Fires In The North (04:21)

11. Waves Of Euphoria (08:01)

12. Beowulf (Bonus Digibook) (04:07)

13. Winter Nights (Bonus Digibook) (03:40)

 

TT: 47:07 Minuten

 

Anspieltipps: Fires In The North, Sign Of The Dragonhead

 

Sign Of The Dragonhead:

 

Fires In The North:




 

- Wir bitten von der Übersendung nicht angeforderter Rezensionsexemplare in physischer Form abzusehen, da Wir diese in der Regel nicht bearbeiten Können -