Jonas Jonasson - Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
Allan Karlsson, am Anfang seiner elften Lebensdekade stehend, hat keine Lust darauf seinen Geburtstag in einem schwedischen Altersheim, mit lauter fremden Menschen zu feiern und möchte statt dessen noch einmal aus dem Leben ausbrechen. Da er für sein hohes Alter geistig, wie körperlich noch relativ fit ist, beschließt er kurzerhand aus dem Fenster seines Zimmers im Erdgeschoss zu steigen und sich aus dem Staub zu machen. Aus diesem Altersheimausbruch entwickelt sich eine ziemlich spezielle, gewagte aber genauso geniale Story, die vor schwarzem Humor nur so strotzt und in der der Greis Allan in so manch unverhofftes und gefährliches Abenteuer gerät. Polizei, Presse, Lokalpolitiker und sogar ein paar zwielichtige Gestalten eines lokalen Rockerclubs sind hinter ihm her. Auf seinem Ausflug oder besser gesagt auf seiner Flucht trifft er auf so manch skurrile Personen, seltsame Begebenheiten und die merkwürdigsten Situationen, bei der so manch einer sein Leben lassen muss. Nur eben nicht der Hundertjährige Allan Karlsson, der aber nicht nur auf „Feinde“, sondern auch neue Freunde trifft. Immer wieder werden mehr oder minder ausführlicher Rückblicke in Allans bewegtes Leben gewagt, welche nicht minder vor skurrilen Situationen strotzen. Von seiner Kindheit wird erzählt, seinem Heranwachsen, seinen kuriosen Ideen, seinen vielen Reisen, seiner Arbeit und seinen Begegnungen mit den verschiedensten Größen aus Politik, Wirtschaft und Forschung. Fast schon grotesk nehmen sich diese unglaublichen, teils wahnwitzigen Lebensabschnitte aus. Allan ist in den letzten hundert Jahren verdammt viel rumgekommen und hat dabei allerlei interessante Menschen kennengelernt (u.a. den ehemaligen, spanischen Diktator Francisco Franco, den Entwickler der Atombombe Robert Oppenheimer, den ehemaligen Vizepräsident und späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten Harry S. Truman, des Weiteren noch Stalin, Kim Jong-il, Mao Tse-tung etc.). Der Hundertjährige hat diverse Kontinente bereist und währenddessen wahrhaftig extremes erlebt. Dabei griff er immer wieder mehr oder weniger unbewusst ins (nicht nur) politische Weltgeschehen ein, geriet überdies in die ausweglosesten Situationen, aus denen er sich wie ein glitschiger Aal immer wieder herauswinden konnte und hat mit seinen schelmischen Geistesblitzen sogar einen Atomkrieg verhindert. Hier wird derart dick aufgetragen, dass ganze Teile der Geschichte umgeschrieben werden müssten, wenn es sich hierbei nicht um Fiktion handeln würde. Aus dem Leben eines Hundertjährigen kann man eben aus den Vollen schöpfen. Einfach großartig gemacht! Makabre, schwarz humorige, coole, abgefahrene Ideen, klug und bedächtig in Szene gesetzt, sind die Saat für dieses total verrückte und typisch skandinavische Storyboard. Es geht um alles andere als um Glaubwürdigkeit, sondern lediglich darum gut zu unterhalten. Und das kann Herr Jonasson wahrlich gut. Ständig drückt es einem die Mundwinkel nach oben. Jonas Jonasson gelingt es dabei, die Geschichte nach allen Seiten hin fein auszuschmücken, ohne dabei langweilig zu werden. Ein klein bisschen erinnert mich seine Schreibe auch an den großartigen finnischen Autor Arto Paasilinna, der in „Der Hundertjährige…“ auch an einer Stelle Erwähnung findet. Jonassons Geschichte mutet dabei aber moderner, humoriger und wesentlich dichter an. Ich bin gespannt, wie man diese Geschichte filmisch umgesetzt hat. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit! Ein großartiges, fein durchdachtes Schelmenstück, mit viel Liebe zum Detail und einem riesengroßen Herzen.
Meine Wertung: 94/100