ISOLE - Interview zu "Dystopia" vom 19.08.2019 mit Lead Sänger und Gitarrist Daniel Bryntse
- von Inspiration, unterschiedlichen Dynamiken und „Ebenen“, sowie einem länger anhaltenden Hörerlebnis -
ISOLE, was sich vom französischen Wort „isolée“ ableitet, auch so ausgesprochen wird und soviel bedeutet, wie isoliert, alleine, einsam oder abgeschieden, ist der Name der schwedischen Doom Metal Institution, die bereits im Jahre 1990 von Daniel Bryntse und Crister Olsson in Gävle (knapp zwei Autostunden nördlich von Stockholm), unter dem Banner FORLORN gegründet wurde. Nach etlichen Demos und knapp 13 Jahren, die ins Land der tausend Seen zogen, wurde das schwedische Label I Hate Records auf die Band aufmerksam und so unterzeichneten die Doom Metaller einen Vertrag über zwei Alben und benannten sich in ISOLE um. Am 14.03.2005 folgte ihr Debüt full-length "Forevermore", das bereits erste Wellen im Doom Metal Sektor schlagen konnte. Mit "Throne Of Void" wurde Mitte 2006 der zweite, noch düsterer klingende Silberling nachgelegt. Der große Durchbruch gelang ISOLE jedoch erst mit der Unterzeichnung beim österreichischen Label Napalm Records und der Veröffentlichung von Album Nummer 3 "Bliss Of Solitude", welches am 25.01.2008 das Licht der Metal Welt erblickte. Ein nahezu perfektes Album voller Anmut, Flair und Charisma. Auch der 2009er Nachfolger "Silent Ruins", sowie das, am 28.11.2011 erschienene "Born From Shadows" wurden via Napalm Records unters Volk gebracht. Mit Letzterem verabschiedeten sich die Skandinavier von ihrem 1-Jahres-Veröffentlichungs-Rhythmus und so ließen sie sich erstmals Zeit für ein ausgiebiges Tourprogramm und die Ausarbeitung neuer Kompositionen. Mit Songs wie "The Lake", dem fast zehnminütigen Titelsong "Born From Shadows" oder dem noch mal eine Minute längerem "My Angel" hatte man die Doom Metal Gemeinde endgültig in Sack und Pack. 2014 folgte dann das etwas progressivere, nachdenklichere und ruhigere "The Clam Hunter", welches beim deutschen Label Cyclone Empire erschien und mit dem titelgebenden Track "The Clam Hunter", "The Eye Of Light" und "Alone In Silence" glänzen konnte. Nach diesem Album verließ Schlagzeuger und ISOLE-Produzent Jonas Lindström die Band, um sich künftig anderen Projekten (u. a. den Viking/Death Metallern EREB ALTOR) zu widmen. Nun haben ISOLE mit ihren epischen, siebten Longplayer "Dystopia", welcher am 23.08.2019 über das niederländische Label Hammerheart Records rausgehauen wurde, einen weiteren Meilenstein ihrer Geschichte gesetzt. Gründungsmitglied, Lead Sänger und Gitarrist Daniel Bryntse stand LACK OF LIES Rede und Antwort hinsichtlich des neuesten Meisterwerks, das irgendwo in der Schnittmenge zwischen einfühlsamer Melancholie, atmosphärischer Düsternis und komplexer, aber doch recht unaufdringlicher Progressivität liegt.
LACK OF LIES (LOL): Herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album "Dystopia"! Es ist ein sensibles Kleinod geworden, das in seiner Gesamtheit erfasst werden möchte und sich erst nach und nach öffnet, wie die Knospe einer Blume. Euer siebtes Album ist ein sehr charismatisches Werk geworden, mit sieben Songs voller Leidenschaft, Düsternis, Schwere und "Melancholie durch Disharmonie". Aber es ist mehr die Resignation als die Wut, die im Jahr 2019 aus eurer Musik spricht, denke ich. Das könnte die Brücke zu den Gefühlen sein, die von einem Ort namens "Dystopia" ausgehen...
Wie siehst du das und hat das Album eine Aussage in deinen Augen? Was kannst du mir ansonsten zu eurem neuen Album "Dystopia" und die Herangehensweise an die neuen Songs erzählen?
Daniel: In den meisten Fällen sind wir das Album und seine Kompositionen so angegangen, wie wir das immer getan haben. Wir haben einfach angefangen Songs zu schreiben und zugesehen, wohin uns die Reise dieses Mal innerhalb (und manchmal außerhalb) des Rahmens führen wird, der im Wesentlichen ISOLE ausmacht. Inspiration kommt von überall her. Aus unserem eigenen Leben und Leiden, aus dem was in der Welt um uns herum vor sich geht, aus Büchern, Nachrichten, Träumen, der Natur...aus allem. Resignation sagst du? Ich weiß nicht recht. Es geht vielleicht mehr darum, einfach einige der „Fehler“, die aus unserer Sicht in der heutigen Welt existieren, zu beobachten und anzuerkennen.
LOL: Für mich funktioniert das Album nur als Ganzes. Als ob dahinter eine Art (zumindest musikalisches) Konzept steckt, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht. Ich möchte nicht nur ein einziges Lied hören, sondern das gesamte Album. War das eure Absicht oder ist das Gefühl, das ich in Bezug auf "Dystopie" habe rein zufällig?
Daniel: Jedes Lied steht als eigenständige Einheit und wurde ohne einen bewusst übergreifenden Kontext geschrieben. Die Running Order der einzelnen Tracks haben wir beispielsweise erst ziemlich zum Schluss der Produktion festgelegt. Aber die Tatsache, dass du das gesamte Album von Anfang bis Ende anhören möchtest, muss wohl bedeuten, dass es keine schlechten Songs auf dem Album gibt, oder? Ich nehme das mal als Kompliment.
LOL: Ich muss sagen, dass die Songs aufgrund ihrer Komplexität, ihres progressiven Charakters und weil ihr die Zugänglichkeit der Songs nicht in den Fokus rücken wolltet, zunächst etwas sperrig wirken und ein paar Durchläufe benötigen, um sich vollständig zu entfalten. Aber dann erhält man die ultimative Depressive Doom Metal Apotheose, die sich nachhaltig in den Gehirnwindungen festsetzt und die bei jedem neuen Durchgang neuen Interpretationsspielraum schafft. Die Tracks sind einfühlsame, eher depressive Kompositionen mit einem durchdachten, erwachsenen und ausgereiften Songwriting, was sich natürlich in den Arrangements der einzelnen Songs widerspiegelt. Was ist deine Meinung zu meiner Version? Habe ich einen wichtigen Eckpfeiler vergessen oder siehst du es vielleicht sogar gänzlich anders als ich?
Daniel: Du hast vermutlich recht, denn...nun, die Wahrheit liegt eben immer im Auge des Betrachters und ich würde im Traum nicht daran denken, jemanden vorzuschreiben, wie er oder sie Musik zu hören hat. Wenn man das im Hinterkopf behält; Wir bemühen uns, Songs zu schreiben, die eine Art Herausforderung darstellen - zumindest für uns. Zum Beispiel, indem man unterschiedliche Dynamiken verwendet und „Ebenen“ zu den Kompositionen hinzufügt. Gerade weil es möglicherweise nicht immer direkt zugänglich ist, sorgt genau das hoffentlich für ein länger anhaltendes Hörerlebnis. Ich persönlich mag Songs, bei denen ich auch beim zehnten Durchgang etwas Neues finde.
LOL: Ihr habt erneut im Studio Apocalypse mit eurem Ex-Schlagzeuger, Sounddesigner und langjährigen Produzenten Jonas Lindström produziert. Erzähl mir von der Arbeit mit ihm und warum er die Band 2014 verlassen musste.
Daniel: Er verließ die Band auf eigenen Wunsch, um sich mehr auf EREB ALTOR konzentrieren zu können und seinen Wunsch zu verwirklichen, schnellere Musik in einer Black Metal-Band zu spielen, die sehr zu seinem Leidwesen nach kurzer Zeit auf Eis gelegt (oder sogar ganz aufgelöst) wurde. Wir konnten das sehr gut nachvollziehen und haben immer gewusst, dass Doom Metal nicht seine erste Wahl ist. Ich bin erstaunt, dass er die Ausdauer hatte, ein ganzes Jahrzehnt bei uns zu bleiben. Wie auch immer, es ist sehr praktisch mit Jonas im Studio Apocalypse zu arbeiten, da wir ihn sehr gut kennen, er uns kennt und das Studio im Wesentlichen unser Bereich zum Proben ist. Wir haben den größten Teil der Produktion und der Aufnahme selbst vorgenommen, wobei Jonas ein bisschen half, zuerst die Ausrüstung einzurichten und später beim Abmischen.
LOL: Jonas wurde nicht mit dem Mastering betraut, das ihr regelmäßig in "fremde" Hände gebt. Diesmal habt ihr Mika Jussila (vom Finnvox Studio) beauftragt. Was ist der Grund dafür und vor allem speziell der Grund dafür ihn zu wählen?
Daniel: Wir glauben, dass es ratsam ist, jemanden mit einem frischen Ohr und einem neuen Blickwinkel zu nehmen, der den Aufnahmen den letzten Schliff verleiht. Wir haben uns einige der anderen Mastering-Jobs von Finnvox/Mika angehört und hatten das Gefühl, dass er großartiges leisten könne, um den Sound abzurunden.
LOL: Ihr habt fast fünf Jahre gebraucht, um das Follow-up zu "The Calm Hunter" in Angriff zu nehmen. Hat das mit euren weiteren Projekten zu tun?
Daniel: Ja, zumindest teilweise. Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mit ISOLE ziemlich beschäftigt und brauchten vielleicht auch eine Pause um unsere Akkus wieder aufzuladen. Dann kamen noch ein paar Besetzungswechsel dazu, die die Sache zusätzlich etwas verlangsamten.
LOL: Eure andere Band EREB ALTOR wird genau einen Monat später (23. September) ihr 8. Studioalbum mit dem Titel "Järteken" veröffentlichen. Was kannst du mir über dieses Album erzählen und stimmst du der Bezeichnung VIKING/Black Metal für EREB ALTOR zu?
Daniel: Für Interessierte; ein paar der Songs, die in ziemlich anschaulicher Weise repräsentieren was vom gesamten Album zu erwarten ist, wurden bereits veröffentlicht. Ich verstehe, wo das herkommt und würde die Viking/Black Metal-Bezeichnung nicht kategorisch ablehnen, aber ich glaube, dass EREB ALTOR weit mehr zu bieten haben als das, was dieser Begriff akzentuiert. Auf diesem neuen Album bekommst du sowohl epische, melodische Sagen als auch Black Metal der alten Schule zu hören, die ineinander verflochten sind.
LOL: Was bedeutet euer Bandname ISOLE (ehemals FORLORN) für euch persönlich? Ist es die Erkenntnis des Individuums bei näherer Betrachtung, vollkommen alleine auf Erden zu wandeln? Schließlich kümmert sich fast niemand um die Bedürfnisse des anderen...oder geht das in euren Gedanken in eine gänzlich andere Richtung?
Daniel: ISOLE (und in der Erweiterung FORLORN) ist die Band, die mit mir und mit der ich am längsten zusammen bin. Aus diesem Grund liegt sie mir vielleicht mehr am Herzen als jede andere Band oder jedes andere Projekt, an dem ich im Laufe der Jahre beteiligt war. Der Name selbst ist nur ein Name, denn jede Band braucht einen. Am besten einen, der nicht zu oft verwendet wird (wie es bei FORLORN der Fall war) und der zur Musik, sowie zur Stimmung im Allgemeinen passt. Ansonsten hatte ich dazu ehrlich gesagt keine tieferen Gedankengänge.
LOL: Ihr wolltet nie als Epic Doom Metal Band bezeichnet werden. Welche Art von Musikstil präsentiert ISOLE in deinen Augen der Welt?
Daniel: Wir haben wirklich kein Problem damit, wenn uns die Leute mit dem „Epic Doom“ -Label versehen. Es erklärt bestimmte Aspekte unseres Klangs und unserer Musik und ist eine grobe Umschreibung dessen, wie wir uns für die Uneingeweihten anhören könnten. Wir vermeiden es jedoch, den Begriff selbst zu verwenden, aus dem einfachen Grund, dass wir uns nicht in eine bestimmte Ecke drängen lassen möchten. Im Kern waren ISOLE's Wurzeln schon immer tief im Epic Doom Metal verankert.
LOL: Eure ersten beiden Alben "Forevermore" und "Throne of Void" wurden über die schwedischen I Hate Records veröffentlicht. Dann wart ihr beim österreichischen Label Napalm Reords für "Bliss of Solitude", "Silent Ruins" und "Born from Shadows". Danach wechseltet ihr für "The Calm Hunter" zum deutschen Label Cyclone Empire und nun wird "Dystopia" über das niederländische Label Hammerheart Records veröffentlicht. Erzähl mir von den Gründen für diese häufigen Wechsel und wie du die Beziehung zu Hammerheart Records bis jetzt beurteilst.
Daniel: Das sind eben die Ecken und Kanten der Musikindustrie. Die Änderungen haben verschiedene Gründe, über die ich nicht allzu ausführlich sprechen möchte. Wir sind jedem Label dankbar, das mit uns zusammenarbeiten wollte und freuen uns jetzt über das, was Hammerheart bisher für und mit uns getan hat.
LOL: Im Oktober seid ihr mit IN THE WOODS, EREB ALTOR und SHORES OF NULL auf Tour. Was erwartet ihr von diesen neun Terminen und ist es nicht heftig, an diesen Abenden zweimal auf der Bühne zu stehen?
Daniel: Ich erwarte, dass es hektisch und anstrengend wird. Aber hoffentlich auch voller Spaß und guter Auftritte, verrückter Menschenmassen und neuer Freundschaften.
LOL: Um zum Ende zu kommen...die letzten Worte dieses Interviews gehören dir...
Daniel: Ich danke dir für deine Zeit und dein Interesse und ich danke allen unseren früheren, gegenwärtigen und zukünftigen Fans, dass sie für uns da sind!
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