END OF GREEN - Void Estate
Das Hirn ist leer und auch sein Haus. Das Bild der Freud’ füllt’s nicht mehr aus.
Die Abkehr von der Welt, hervorgerufen durch das allgegenwärtige Leid, die Kälte und die Gleichgültigkeit, das Altern, das Sterben, die Starre die jeden Gedanken verschluckt und ein Vakuum im Kopf hinterlässt, sind die grundsätzlichen Thematiken im neunten Werk der sympathischen Depressive Rocker END OF GREEN. Die Jungs aus dem Schwabenländle feiern gerade ihr 25-jähriges Bandjubiläum und schieben zu diesem Anlass mit „Void Estate“ ein wahres Meisterwerk rüber. Sie sind im Düster Rock Bereich wohl eine der unterbewertetsten und verkanntesten Bands überhaupt. Das ist aber in gewisser Weise auch gut so, denn in den Songs findet seit jeher keinerlei Anbiederung an den Mainstream anklang. Obschon die Songs durchaus das Potential dazu hätten, die Monokultur der Radiolandschaft aufzuhübschen, sind es zumeist eher tiefgründige, traurige, aber doch eine gewisse Hoffnung versprühende Nummern, die mit Bedacht gehört werden wollen. Auch in den feingliedrigen Texten, kann man sich mit Leichtigkeit wiederfinden.
Melancholisch, nachdenklich, eingängig und vor allem astrein arrangiert, hat man auf dem regulären Tonträger elf Tracks voller Emotionen verewigt, die mit einer Lauflänge von 55:53 Minuten zu Buche schlagen und mit einer unbändigen Leidenschaft vorgetragen werden. Natürlich bietet das leere Anwesen „Void Estate“ keine partytauglichen Songs. END OF GREEN spielen seit jeher von Melancholie getragenen, einfühlsamen und fragilen Alternative Darkness Rock, der zum Geistreisen, Träumen, Wegdriften in fremde Welten oder auch zur Einkehr ins eigene Ich geradezu prädestiniert ist. Was die Stuttgarter Dark Rocker zusätzlich auszeichnet, ist ihre Beständigkeit durchgehend starke Alben auf äußerst hohem Niveau abzuliefern, diese mit tief ins Herz stechenden, empathischen und zündenden Refrains auszustatten, um dieses Konglomerat mit wundersamen, auch mal Piano begleiteten Melodien verschmelzen zu lassen. Fronter Michelle Darkness kann mit seinem feinfühligen Timbre einfach alles und versprüht mit seinem warmen und einfühlsamen Gesang ehrliche Gefühle. Ob es nun seine angenehme, herzliche Stimme in höhere Lagen verschlägt, er verzweifelt anklagt oder wie zu Beginn von „Darkside Of The Sun“, sowie „The Unseen“ in die Pete Steele († 14. April 2010 / TYPE O NEGATIVE) sehr ähnliche Stimmlage Bass wechselt. Ich bin jedes Mal aufs neue Baff, was dieser vergleichsweise zierliche Kerl doch für ein Wahnsinnsorgan hat. Er kriecht in dein Ohr, liebkost dein Trommelfell und streut seine Anmut auch noch in die hintersten Winkel deines Gehirns. Die Lautstärkedynamiken, der rockig ruhigen Songs sind dabei stets perfekt in die Arrangements eingebettet. „Void Estate“ strahlt trotz all der Melancholie eine Wärme und Herzlichkeit aus, die wie ein Besuch von guten alten Freunden nachwirkt. Ihre Musik hat Flow, berührt, ist gereift und geht rein wie ein vollmundiger, gut gelagerter Wein.
Es sind emotionale Songs voller Trauer, Schmerz und Verzweiflung, aber auch Zuversicht, Kraft und Hoffnung, die einem eine Gänsehaut nach der anderen bescheren. END OF GREEN haben sich noch jedes Mal neu erfunden und immer wieder die unterschiedlichsten Ideen für ihre wundervollen Musikstücke gefunden. Die direkten Übergänge der einzelnen Songs, verleihen „Void Estate“ hierbei eine Art Konzeptcharakter. In die endfetten Hooklines mit ihren genial besungenen Refrains, die sich wie ein Adrenalinschub sofort bis in die letzten Winkel der Hirnwindungen ausbreiten, kann man vollkommen eintauchen. Die Songs bieten sich daher für Highendkopfhörer geradezu an, denn keiner verarbeitet die Schönheit der Melancholie so aufregend und anspruchsvoll wie das Stuttgarter Düsterrock Quintett END OF GREEN. Beim Refrain zu „Head Down“ lief es mir in der Tat heiß und kalt den Rücken herunter. Ganz starke Nummer. Höchsten Respekt!!! Das darauffolgende „Crossroads“ hingegen ist ein etwas schnellere, fast schon fröhlich gestimmter Track, der ebenfalls von großartigen songschreiberischen Qualitäten zeugt. Wow! Auch die Gitarren sind hier der absolute Burner. Mann, die Jungs haben's aber auch drauf. Stimme, Stimmlage, deren Dynamik und Einsatz...hier ist einfach alles perfekt! Dazu diese extrem geile Performance der gesamten Instrumentalsektion. Einfach göttlich! Und egal ob END OF GREEN irgendwann einmal in den Himmel oder auch in die Hölle kommen. Ich werde ihnen blind folgen!
Auf dem Digipak befindet sich mit „Leave This Town“ noch ein weiterer Track, der mir zur Besprechung leider nicht vorliegt. Die limitierte Erstauflage beinhaltet daneben noch eine 17-Track DVD, die das Konzert "Live Darkoustic At PBHF Cub Berlin, 2016" als Bonus beinhaltet. Da dürfte sich die Anschaffung des Digis wohl aufdrängen, denn mit der treibenden Soundkulisse von „Void Estate“ kann man die Leichtigkeit des Seins auf ganz besonders elegante Weise genießen. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dann allerdings doch, denn „Void Estate“ kann den Extrem hohen Anspruch der ersten beiden Drittel nicht bis zum Ende aufrecht erhalten. Aber was will man machen, wenn man statt absolut genialen Songs zum Schluss nur noch geniale Songs übrig hat?
https://www.facebook.com/endofgreenofficial
Meine Wertung: 91/100
END OF GREEN in der aktuellen Besetzung:
Michelle Darkness – Vocals, Vocals
Sad Sir – Guitar
Kirk Kerker – Guitar
Rainier Sicone Di Hampez – Bass
Lou Siffer – Drums
Tracklist CD:
01. Send In The Clowns (03:36)
02. Dark Side Of The Sun (05:59)
03. The Door (04:37)
04. Head Down (05:16)
05. Crossroads (05:30)
06. The Unseen (04:37)
07. Dressed In Black Again (03:15)
08. Mollodrome (07:18)
09. Worn And Torn (06:02)
10. City Of Broken Thoughts (04:22)
11. Like A Stranger (07:06)
TT: 55:35 Minuten
Digipak-Bonus:
12. Leave This Town
Tracklist DVD:
01. Demons
02. Hurter
03. Under the Sway
04. Let Sleeping Dogs Lie
05. Slaves
06. Goodnight Insomnia
07. Final Resistance
08. Pain Hates Me
09. Crossroads (Calvin Russel Cover)
10. Dying in Moments
11. Ghostdance
12. Weakness
13. Head Down
14. Death in Veins
15. Tragedy Insane
16. Sunday Mourning
17. Nice Day to Die
Anspieltipps: Head Down, Crossroads, Send In The Clowns, The Unseen, Dark Side Of The Sun, The Door, Dressed In Black Again
Official Video zu "The Door":
Official Video zu: "Dark Side Of The Sun":
Official Lyric Video zu "Send In The Clowns":