EISREGEN - Fegefeuer
Pünktlich zu Halloween veröffentlicht der schwarze Tod aus Tambach-Dietharz sein 13. „Fegefeuer“. Seit EISREGEN im Jahre des Herrn 1995 das Licht der Welt erblickten, hat sich natürlich so einiges getan, auf dem Weg hin zur führenden deutschen Symphonic Dark/Death/Black Metal Band. Und es geht wieder steil bergauf, denn "was sich die Thüringer auf dem Vorgängeralbum „Fleischfilm“ (was als Hommage an das wilde, italienische Kino der 1970er und frühen 1980er Jahre gedacht war) leisteten, war für EISREGEN Verhältnisse schon unter aller Kanone. Die Arrangements waren schwer verdaulich, die Ernsthaftigkeit stand oftmals auf der Kippe, sogar einen gewissen Hang zum Kitsch ließ sich kaum von der Hand weisen.", schrieb ich in meiner Rezension zu "Fleischfilm", worüber Michael "Blutkehle" Roth wohl ziemlich sauer war. Dennoch muss ich sagen, dass es anscheinend etwas gebracht hat, denn derart garstig wie danach hat man die Jungs schon lange nicht mehr erlebt. Mit der gelungenen EP „Satan liebt dich“ machten sie bereits einiges an verlorenem Boden wieder gut. Nun steht als Follow-Up das Schlachtwerk "Fegefeuer" in den Startlöchern, welches einige der ureigenen Wurzeln der Band freilegt und traditionelle Werte mit modernen Errungenschaften vermischt. Man ist also einmal mehr auf dem deftigen "back-to-basics" Pfad unterwegs, was sich vor allen Dingen beim Piano begleiteten Blast Ungeheuer "Oben auf dem Leichenberg", dem mörderisch kranken "Axtmann" dem eindringlichen "Es lauert" oder auch "Die Bruderschaft des 7. Tages", sowie "Fahlmondmörder" bemerkbar macht.
Es ist schon wirklich eine Schande, was eine BPJM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) aus einer so klangvollen Band wie EISREGEN machen konnte. Mit diversen Alben auf Index A und B lässt sich eben schwer Geld verdienen und wenn man (wie die meisten von uns) nun mal auf Geld angewiesen ist, muss man musikalisch, bzw. textlich eben leider andere Wege beschreiten, um den Kritikern nicht noch mehr Zündstoff für ihr Feuer zu geben. Aber sind die Thüringer Crossover Metaller EISREGEN deswegen nur noch ein verblassender Schatten ihrer einst so glanzvollen Vergangenheit? Mitnichten, denn „Fegefeuer“ weist zur Freude aller EISREGEN-Jünger sogar wieder leichtes Index Potential auf ("Knochentorte", "Axtmann", "Die Bruderschaft des 7. Tages")...aber wir wollen an dieser Stelle mal lieber keine schlafenden Hunde wecken, sonst kommt wieder irgendein Idiot auf die Idee und...aber lassen wir das. Schenken wir lieber der Freiheit der Kunst und des Wortes einen Funken Hoffnung. Einen Funken, der ein ganzes „Fegefeuer“ entfacht. Und da kommt dem langjährigen Fan die ostdeutsche Knochentorte mit ihren makaber-morbiden, deutschsprachigen Texten gerade recht. „Fegefeuer“, „Knochentorte“ und die vier direkt aufeinanderfolgenden Tracks "Alice im Wundenland", "Axtmann", "Es lauert" und "Opfer" sind ein wahrer Leichenschmaus. Der Thüringer Jugendschreck zeigt sich auf "Fegefeuer" gereift, glaubwürdig, ernsthaft (wenn man auch immer wieder mit tiefschwarzem Humor flirtet) und längst nicht mehr so verkrampft, wie noch auf "Fleischfilm".
Die Läuterung der Seele geht wieder vermehrt eine lockere Beziehung mit dem symphonischen bis brachialen Black Metal ein, was ich persönlich äußerst wohlwollend und positiv aufnehme. Die Texte der beiden EISREGEN Brains Michael „Blutkehle“ Roth und Ronny „Yantit“ Fimmel sind etwas ernsthafter und glaubwürdiger, wenn nach wie vor aber mit einer dicken Prise schwarzem Humor gewürzt. Das Thüringische Quartett hält seit dem zweiten full-length Output „Krebskolonie“ vehement an der Tradition der Doppelbuchstaben fest und so geht es mit dem Doppel „F“, wie schon bei „Fleischfestival“, „Farbenfinsternis“, „Flötenfreunde“ und „Fleischfilm“ und nun auch mit „Fegefeuer“ munter weiter. Das dramaturgisch inszenierte Intro "Vorhölle" eröffnet den makaberen Songreigen. Und da ist es wieder, das Bedrohliche, das Widerwärtige, das Kämpferische, das ich beim Vorgänger Full-length „Fleischfilm“ so schmerzlich vermisst habe. Da hat die starke EP „Satan liebt dich“ also tatsächlich wieder den richtigen Weg eingeläutet. Auch wenn ich in Vergangenheit bereits schrieb, dass man über die Beherrschung der Instrumente eigentlich keine Worte zu verlieren braucht, sind EISREGEN über die Jahre musikalisch gewachsen und überlassen längst nichts mehr dem Zufall. O.k., Experimentelles ist und bleibt wohl immer ein Steckenpferd der Thüringer Morbidität, was ihren Songs durchaus Vielschichtigkeit und Variabilität einhaucht. Und trotz eingängiger Refrains ist man aggressiv, dramaturgisch opulent, sinister, makaber und auch ein kleines bisschen böse.
Auch der kraftvolle, krächzend gutturale Gesang von Blutkehle steht wieder voll im Saft. Sogar der (in der Vergangenheit teilweise doch recht nervende) ungelenke Klargesang kommt diesmal wesentlich versierter rüber und wurde zum Teil mit den häretischen Blutkehle Vocals unterlegt, um dem Klang im Allgemeinen ein fetteres Gemisch zu verpassen. Diverse elektronische Sequenzen und Keyboard Soundlayers untermalen die bedrohlichen Zustände. Auch die, Beklemmung hervorrufende Violine kommt wieder vermehrt zum Einsatz, was ich persönlich sehr schätze. Mit dem zehnten Track "Fahlmondmörder" der bereits als Opener der, im Juni erschienenen "Satan liebt dich" EP herhalten musste, legt man sich mächtig in die Ketten und kratzt neben der furiosen Geschwindigkeit eine richtig schön düstere und kraftvolle Atmosphäre aus den Instrumenten. Das Gepresste im Gesang ist hierbei völlig verschwunden, was ich äußerst wohlwollend zur Kenntnis genommen habe. Blutkehles‘ knarzige Black Vocals machen ihrem Namen alle Ehre und sind so richtig schön authentisch abgefuckt. Der intensive und kompromisslose Track hätte sich perfekt in die „Krebskolonie“ oder „Leichenlager“ Szenerie eingefügt. Überhaupt bin ich geneigt zu behaupten, dass ich hier und da ein paar „Krebskolonie“ oder „Leichenlager“ Anleihen heraushöre. Blutkehle setzt seine assigen Black Vocals seit langem also wieder so richtig schön garstig ein und auch die Texte haben wieder wesentlich mehr Biss. Der Gesang klammert sich auch nicht mehr so plump an die musikalischen Gegebenheiten, sondern steht vielmehr mit ihnen im Einklang. Blutkehle flüstert, raspelt, blutet, ruft, kreischt, ätzt und kotzt seine Vocals in eine verschlagene Welt voll Dreck.
Insgesamt elf Tracks umfasst der neue Leichenbrand „Fegefeuer“, wobei Digipak und Box Set noch eine Bonus CD mit drei Coverversionen von BEHERIT, MYSTICUM und BETHLEHEM enthalten, die es ebenfalls mächtig in sich haben. Es sind drei bitterkalte, bestens arrangierte und inszenierte Black Nummern geworden, die den Originalen neue Identitäten im EISREGEN Gewand verschaffen. Gerade das BEHERIT Cover ist der Burner. Eine richtig schöne, kranke Scheiße...ave Stana...ave Lucifer! Aber auch das sehr hell aufgenommene, äußerst intensive, psychotisch hämmernde "Black Magic Mushrooms" (ein MYSTICUM Cover) hat es mächtig in sich. Das psychedelische Black Industrial Cover "Das 4. Tier aß den Mutterwitz" (im Ursprung von BETHLEHEM) ist aber eine nicht minder intensive Erfahrung, die dem Prädikat Extrem Metal aber mal sowas von gerecht wird, selbst wenn die Nummer nicht überwiegend derbe daherkommt. EISREGEN sind also wieder on top...aber sowas von! Produziert wurde auch Langeisen Nummer 13 von Sounddesigner Yantit in den HcN Studios zu Tambach-Dietharz. Den finalen Mix und das Mastering übernahm wie schon so oft Klangstylist Markus Stock (THE VISION BLEAK, EWIGHEIM, HELRUNA, EMPYRIUM) im Klangschmiede Studio E zu Mellrichstadt. Das, in der lohnenswerten 2-CD Digipak-, bzw. limited Box Set Version (inkl. CD Digipak, Flagge, Sticker und signierter Autogrammkarte) über eine Stunde umfassende „Fegefeuer“ ist symphonisch, derbe, catchy und absolut im Flow.
Eben unverkennbar EISREGEN! Im 23. Jahr der Bandgeschichte haben die dunklen Herren der überfrierenden Nässe einmal mehr bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Der Tod ist ein Meister aus Thüringen...und der steht auf lecker Knochentorten! Und ob nun positiv oder negativ...auch das harte, assige, gemeine, fiese, niederträchtige, apokalyptische und abartige, gleichwohl abwechlungsreiche, intensive und so richtig schon hässliche „Fegefeuer“, wird in den oberen Bereichen der Charts wiederfinden. Das ist so sicher, wie die Knochentorte zu des Schnitters Geburtstag! Herzlichen Glückwunsch...willkommen in der Ewigkeit!
https://www.facebook.com/eisregen.official
Meine Wertung: 92/100
EISREGEN in der aktuellen Besetzung:
Michael „Blutkehle“ Roth - alle Vocals
Ronny „Yantit“ Fimmel - Schlagwerk, Gitarren, Programmierungen
Markus Stock - Lead Gitarren, Bass
Frau N. Feind - Violine
Tracklist:
01. Vorhölle
02. Fegefeuer
03. Knochentorte
04. Oben auf dem Leichenberg
05. Alice im Wundenland
06. Axtmann
07. Es lauert
08. Opfer
09. Die Bruderschaft des 7. Tages
10. Fahlmondmörder
11. Ich mach dich bleich
Digipak Bonus CD
01. The Gate Of Nanna (Beherit Cover)
02. Black Magic Mushrooms (Mysticum Cover)
03. Das 4. Tier aß den Mutterwitz (Bethlehem Cover)
TT (1-CD): 47:48 Minuten (CD/LP)
TT (2-CD): 62:56 Minuten (2CD Digipak/Box Set)
Anspieltipps: Opfer; Es lauert; Knochentorte; Axtmann; The Gate Of Nanna; Fegefeuer
Hier checkt ihr die aktuellen EISREGEN Tourdates.
Knochentorte:
Ich mach dich bleich: