EDEN WEINT IM GRAB - Na(c)htodreise
Dark Metal mit deutschen Texten wird uns von EDEN WEINT IM GRAB aus der Bundeshauptstadt geboten, die sich zur Jahrtausendwende zu einer würdevollen Dark/Horror Metal Allianz zusammenschlossen. Anno 2017 zu einem wirklich ernstzunehmenden Act herangewachsen, haben die Berliner Moritatensänger ihre siebte Ode an den Schnitter am Start. Ursprünglich als Soloprojekt von Alexander Paul Blake gestartet, hat das Gothic Sextett mit „Na(c)htodreise“ ein Konzeptalbum über das Jenseits und die Unterwelt geschaffen, das mit einer Gesamtspielzeit von über 70 Minuten zu Buche schlägt. Es ist an die „Göttliche Komödie“ des Dichters und Philosophen Dante Alighieri angelehnt. „Na(c)htodreise“ ist eine musikalische Exkursion durch die drei Reiche der jenseitigen Welt. Durch Hölle (Inferno), Fegefeuer (Purgatorio) hin zum himmlischen Paradies (Paradiso). Jeder einzelne der fünfzehn Tracks repräsentiert eine Station der Anderswelt und wird von der jeweiligen bildhaften Thematik atmosphärisch beeinflusst. In der lyrischen, stets deutsch gehaltenen Prosa verarbeitet man einfühlsam inszenierte, traurig melancholische Klangwelten aus dem Herrschaftsgebiet von Schlafes Bruder.
Die Grundarchitektur ist dabei um die, für die Band sehr gewichtigen, eingängigen und cineastischen/hörspielartigen Strukturen gelegt. Man erweitert seinen stilistischen Klangkosmos immer wieder mit den verschiedensten Instrumenten, wie zum Beispiel Geige, Mandoline, Bratsche, Cello oder Keyboard und führt durch diese individuelle Vielfalt eine Art Oper oder Kammerspiel aus Ambient, Gothic, Dark, Black, Doom, Jahrmarktmusik und Hörspielelementen auf. Ihre musikalische Ausrichtung bezeichnen die Berliner als „schwermetallische Schauerromantik“, deren Thematiken schon immer in der Schnittmenge zwischen dem Diesseits und dem Jenseits lagen. EDEN WEINT IM GRAB sprudeln nur so über vor Ideenreichtum. Zum Beispiel hat man dem zehnten Country Western Rock Song „Die verwaiste Wüstenstadt“, der zu Anfang wie ein TITO & TARANTULA Song daherkommt, ein Black Metal Gewand spendiert, dass sich nicht gleich zu Anfang, aber doch im Laufe des Songs immer mehr durchzusetzen vermag. Der böse und rauchig gesprochene fünfte Track „Höllentor“ hingegen, weist Hörspielcharakter auf, der eine authentische düstere und bedrohliche Atmosphäre heraufbeschwört und so auch auf einem DAS ICH Album als Outro hätte Platz finden können.
Mit viel Köpfchen, einem guten Gespür für mysteriöse, aber zeitgemäße, eingängige und zündende Melodien, sowie einer straken Gitarrenarbeit, kreieren E.w.i.G. wuchtige, düstere und zugleich bedrohliche, mal ernsthafte, dennoch offene, als Kontroverse aber durchaus schon mal spöttische Dramaturgien, mit teils philosophischen, metaphorisch vorgetragenen Texten, ähnlich denen eines Theaterstücks. Innerhalb des düsteren Gothic/Dark/Black Metal Bereichs hat man sehr abwechslungsreiche, feingeistige Inszenierungen ausgearbeitet, die von seichten bis harten Passagen so ziemlich alles abdecken. Der Hauptgesang liegt in der klaren Stimme von Bandkopf Alexander Paul Blake, aber auch Chorus, düsterer Dark Metal Gesang oder gar Black Metal Vocals werden eingesetzt. Verschiedentlich ausgelegte Gesangsspuren werden ebenfalls gerne übereinander gelegt. Durch dieses Zusammenwirken der verschiedenen Gesangsstile gewinnt das Opus „Na(c)htodreise" zusätzlich an Dramatik, sowie eine schauerliche Atmosphäre und erinnert mich immer wieder an eine Art DAS ICH meets EISREGEN meets EWIGHEIM. Dabei handelt es sich aber zu keinem Zeitpunkt um einen billigen, nervigen Abklatsch der vorgenannten Bands, sondern um eine eigenständige und ereignisreiche Variante ihrer ureigenen Mörderballaden aus dem Totenreich.
Die Connaisseure der Schwarzmalerei weisen jedoch nicht nur rein musikalische, sondern auch textliche Parallelen zu DAS ICH auf. Allerdings sind EDEN WEINT IM GRAB auf „Na(c)htodreise" eher auf der metallischen und weniger auf der elektronischen Schiene unterwegs. Innerhalb der 15 Schauerballaden inszenieren die wahren Meister ihres Fachs dem Schnitter geweihte Texte in überwiegend low-bis midtempo gehaltenen, astreinen und absolut adulten Klangdimensionen. Auch die authentischen Texte und Stimmungen aus der Anderswelt, die man der Band von Anfang an abnimmt, wurden arschtight eingefangen, denn Alexander Paul Blake meint, dass die Seele kein Grab kennt und er den Tod als ein Tor zu einem neuen Bewusstseinszustand sehe. „Na(c)htodreise“ wurde, wie alle E.w.i.G.-Longplayer vom Frontmann höchstpersönlich, im Berliner Winter-Solitude-Studio produziert.
www.facebook.com/edenweintimgrab
Meine Wertung: 88/100
EDEN WEINT IM GRAB in der aktuellen Besetzung:
Alexander Paul Blake – Gesang, Bass, Rhythmus-Gitarre, Keyboard
Dr. Eckstein – Lead-Gitarre
Ivar Rabenfeder – Rhythmus-Gitarre
Zeus X. Machina – Schlagzeug
Meyster M. Melicus – Cello
Kalila Karussell – Violine, Bratsche, Mandoline, Hintergrundgesang
Tracklist:
1. TraumTod (05:51)
2. Bon Voyage (Ein sonderbares Begräbnis) (05:16)
3. Die astrale Wildnis (04:23)
4. Der Jenseitstroll (04:47)
5. Das Höllentor (02:32)
6. Limbus (05:44)
7. Der Exitus der Schlangen (04:24)
8. Kahnfahrt auf dem Acheron (06:00)
9. Legionen Luzifers (04:03)
10. Die verwaiste Wüstenstadt (05:30)
11. In der Toten-Taverne (04:23)
12. Aevum (04:20)
13. Sternenmenschen (05:58)
14. Das große Mysterium (05:40)
15. Epilog (01:20)
TT: 70:11 Minuten
Checkt den Track „Bon Voyage (Ein sonderbares Begräbnis)“:
Checkt den Track „Der Exitus der Schlangen“: