DISBELIEF - Interview zum zehnten Kanonenrohr "The Symbol Of Death" mit Bassist Jochen "Joe" Trunk und Sänger Karsten "Jagger" Jäger vom 03.05.2017
- vom Bösen und Unheilvollen im Menschen, einem schlechten Angebot, autodidaktischem Gitarrenspiel und einem Album, an dem mal als Death Metal-Fan nicht so leicht vorbeikommt -
Im vorderen Odenwald, genauer gesagt in Groß-Umstadt, wird nicht nur prämierter Wein gekeltert, sondern auch ausgezeichneter, brutaler, und progressiver Death Metal kreiert. Nahezu drei Dekaden haben die Südhessen DISBELIEF bereits auf dem Buckel und vor kurzem mit "The Symbol Of Death" ihren zehnten Release losgetreten. Ein, von Melancholie getragenes Album voller düsterer Atmosphäre, dystopischer Soundlandschaften und einer glasklaren, differenzierten Aufnahme, auf das die Fans der Totengräber fast sieben Jahre warten mussten. Grund genug mal bei meinen "Nachbarn" nachzufragen, warum es denn so lange dauerte und was sich sonst noch so alles im Camp der Todes Metal Walze DISBELIEF getan hat.
Janko: Zu allererst möchte ich euch mal meinen Dank für euer grandioses, zehntes Langeisen „The Symbol Of Death“ aussprechen, das bei mir zurzeit in Dauerrotation läuft. Das komplette Album klingt derart anspruchsvoll, druckvoll und spritzig, als hätte man euch eine Frischzellenkur verpasst. Was habt ihr dieses Mal anders gemacht oder lag es an den sieben Jahren Pause? Gab es neue Wege und neue Praktiken bei den Aufnahmen und wie hat euch der Produzent, bzw. das Produzententeam dabei beeinflusst?
Joe: Erstmal Danke, wir freuen uns natürlich, dass dir das Album so gut gefällt. Nachdem wir 2013/2014 endlich das neue Line-up zusammen hatten war allein das schon ein sehr inspirierender Moment, der sich mit Sicherheit auch positiv auf das Songwriting ausgewirkt hat. Im Prinzip lief alles wie immer, die Songs werden von mir vorbereitet und an die Bandkollegen weitergeleitet. Dann kann sich jeder dazu äußern. Jagger hat da einen wichtigen Part, er sondiert für sich schon mal die Stücke, die ihn am meisten "anmachen" und mit denen wird dann im Team begonnen zu arrangieren. Dann geht alles seinen Lauf, wenn noch Riffs verändert oder gar ersetzt werden müssen weil sie einfach im Proberaum nicht zünden setzte ich mich nochmal dran und versuche mein Bestes um einen neuen Impuls zu komponieren. Als wir im Dezember 2016 ins Studio gingen waren die Songs - bis auf einige Vocals - so gut wie fertig, somit hatte der Produzent keinen Einfluss mehr darauf.
Janko: Ihr habt das erste Mal bei Rambado Recordings in Essen aufgenommen, wo das Album auch gemastert wurde. Ich habe selten eine solch homogene und vor allem differenzierte Aufnahme gehört. Wie viel Anteil hat das neue Studio am DISBELIEF Sound Anno 2017?
Joe: Einen sehr großen. Die Herangehensweise des Aufnahmeprozesses in den Rambado Studios hat den Vorteil, dass man den Sound der einzelnen Instrumente sehr genau aufeinander abstimmen kann. Da Cornelius "Corny" Rambadt - der Produzent - selbst Drummer bei Onkel Tom und Eat my body ist hat er mit dem Drumsound klare Vorstellungen, die sich mit denen von unserem Drummer Fab gut ergänzten. Das ist schon mal die halbe Miete wenn die Basis ordentlich knallt!
Janko: Wie kam es denn eigentlich zur Studiowahl? Im Internet findet man so gut wie nichts über Rambado Recordings. Warum eigentlich nicht? Ist es ein (relativ) neues Studio und wer ist da der Verantwortliche/Produzent etc. und was kannst du mir sonst noch über das Studio sagen?
Joe: War eine Empfehlung von Eat my body - Shouter Sven, den kennen wir schon eine halbe Ewigkeit. Corny hat auch die letzte Sodom produziert. Das Studio liegt Mitten in Essen, schön eingerichtet und mit allem ausgestattet was das Herz begehrt! Kann man nur weiterempfehlen.
Janko: Die Frage, ob ihr mit den Aufnahmen zufrieden seid, kann ich mir wohl sparen, oder? Wie lange habt ihr dort verbracht und wie kann ich mir den Ablauf vorstellen?
Joe: Insgesamt dauerte der Aufnahmeprozess von Anfang Dezember 2016 bis Ende Januar 2017. Drums und Gesang wurden direkt vor Ort in Essen aufgenommen, Gitarre und Bass hatten wir als DI-Spur bei unserem Gitarristen Dave aufgenommen und die Signale wurden dann mit Re-Amping im Studio bearbeitet. Das war sehr zeitsparend und entspannt. Die Mixe von Corny wurden uns online geschickt und jeder konnte seine Kritikpunkte anbringen. Das ist für den Produzenten sehr effektiv, weil er alles sammeln und direkt umsetzen kann, sofern er den Kritikpunkt auch teilt!
Janko: Standen die Tracks inkl. der Arrangements bereits oder wieviel ist davon im Studio hinzugekommen?
Joe: Bei 2 Tracks haben wir noch Kürzungen vorgenommen, der Rest stand eigentlich schon fest.
Janko: Es wurde ja so einiges nachbearbeitet, mit Samples, Effekten oder Soundlayers belegt, was vielen „True Metallern“ durchaus als Graus gilt. Ich meine jedoch, dass das Album dadurch erst so richtig lebendig wird, Atmosphäre, sowie Charisma bezieht und es (unter anderem) davon lebt. Dies in voller Form Live umzusetzen dürfte schwierig, aber auch nicht wirklich nötig sein. Dann wird das Ganze eben (wie ja auch allgemein üblich) ein bisschen deftiger und härter als auf CD...wie siehst du diese Aspekte?
Joe: Ich sehe das ähnlich wie du, im Studio hat man die Möglichkeit die Songs so optimal wie möglich in Szene zu setzen, live werden wir nur einen Teil dieser Sachen mit einbauen. Speziell der Track "Rest in peace" hat ja diesen orchestralen Aufbau, da ist es natürlich zwingend diesen auch live mit Hilfe von Samples zu präsentieren, weil hier sonst die Wirkung verloren ginge!
Janko: Warum habt ihr das neue Material, wie auch schon das „Heal!“-Album nicht erneut selbst produziert?
Joe: Dazu fehlen schlicht die Räumlichkeiten! Es hat aber auch immer einen guten Effekt wenn ein aussenstehender Produzent, der das Ganze Schaffen objektiv betrachten kann mit am Start ist und sowohl das spieltechnische wie auch die Songs nochmal etwas besser beurteilen kann!
Janko: In meinem Review zu „The Symbol Of Death“ schrieb ich, dass ihr erneut brutale Elemente mit progressiven, melodischen Strukturen vereint, aber bei weitem nicht mehr so „versludged“ seid wie früher. Wie siehst du diese (wohl ganz natürlichen) Entwicklungen der Anfänge bis zum heutigen Tag?
Joe: Ich denke das liegt hauptsächlich daran, dass ich meine Fähigkeiten an der Gitarre über die Jahre verbessern konnte. Ich habe mir erst nach meinem Einstieg bei Disbelief im Jahre 1995 das Gitarre spielen selbst beigebracht, dann immer weiter viel gespielt und mir Sachen zum Üben von anderen Bands rausgehört. Das beeinflusst natürlich dann auch das Songwriting. Oft ist es auch ein bewusster Prozess wenn man das Komponieren verändern oder verbessern will. Wir schauen schon immer auf das, was wir zuletzt produziert haben und geben dann für das neue Material eine Leitlinie vor, was sich alles verändern soll und wie sich ein "roter Faden" durch das gesamte Album ziehen soll!
Janko: Im Death Metal Bereich seid ihr eine der unterschätztesten Bands, was ihr mit „The Symbol Of Death“ eindrucksvoll belegt. Wird sich dieser Missstand mit dem neuen Release ändern? Wie waren denn eigentlich die ersten Reaktionen auf das Album?
Joe: Das kann ich schlecht einschätzen, wir haben uns schon immer als Death Metal - Band gesehen, ich glaube aber das viele Leute mit den unterschiedlichen Einflüssen, die sich in unserem Sound widerspiegeln, nicht viel anfangen konnten und uns deshalb nicht als Death-Metal Band wahrgenommen haben. Ob sich das jetzt ändert kann ich nicht einschätzen. Ich glaube aber schon, dass THE SYMBOL OF DEATH ein Album geworden ist, an dem man als Death Metal- Fan nicht so leicht vorbeikommt. Die Reaktionen waren bisher durchweg positiv bis euphorisch und stimmen uns zuversichtlich für die Zukunft von DISBELIEF.
Janko: Erzähl mir etwas über das Konzept hinter „The Symbol Of Death“. Soll es den momentanen „world gone mad“-Zeitgeist und den allgemeine Verlust der Empathie wiederspiegeln?
Joe: Da triffst du den Punkt. Unsere Welt nimmt keine gute Entwicklung und die schlimmen Vorkommnisse der letzten Jahre im Bezug auf Terror und Kriege haben sich dementsprechend auch auf die Texte niedergeschlagen. Es ist jetzt kein richtiges Konzept-Album, aber die Inhalte spiegeln das Böse und Unheilvolle im Menschen wieder, aber auch den Willen dagegen anzukämpfen und dies nicht als gegeben hinzunehmen.
Janko: Im Prinzip habt ihr seit 2010 veröffentlichungstechnisch nichts mehr von euch hören lassen. Nicht zuletzt in den Jahren 2013 und 2014 hat das Besetzungskarussell ja den ein oder anderen aus der Band gewirbelt. Waren diese Line Up Wechsel letztendlich ausschlaggebend für die lange Pause und was kannst du mir über die Neuen an den Streitäxten und hinter der Schießbude sagen?
Joe: Die Line-Up Wechsel waren ausschlaggebend für diese extrem lange Zeit. Wir waren seit Ende 2010 im Prinzip nur damit beschäftigt neue Leute anzulernen, die Setliste für Live-Shows zu proben, um dann ein paar Monate später wieder das gleiche mit wieder neuen Leuten zu machen. Das war sehr anstrengend und hat von den verbleibenden Musikern, also Jagger, Alex und ich, viel Geduld und Eigenmotivation abverlangt. Mit Dave und Fab, die jetzt seit 2013 und 2014 dabei sind konnten wir behutsam damit anfangen ins Songwriting einzusteigen. Die Zwei hatten sich schon live bewährt und uns das Gefühl gegeben, daß sie ein Teil von Disbelief werden wollen. Das hat sich glücklicherweise bewahrheitet.
Janko: In einem Interview hast du mal gesagt, dass Alex Hagenauer von SOUL DEMISE euch den Rücken frei hält, bis ihr den richtigen Gitarristen gefunden habt. Nun ist Alex zum Vollmitglied mutiert. Also ist er der richtige Mann, nach dem ihr gesucht habt, nehme ich an?!?
Joe: Alex hat uns in den letzten 7 Jahren nie hängen lassen, er war immer zuverlässig und hat mit seinem Engagement einen großen Anteil daran, dass wir Disbelief am Leben halten konnten! Er ist jetzt mittlerweile zum dritten mal Papa geworden und hat uns darum gebeten für die nähere Zukunft einen Ersatz für ihn zu suchen, da er das zeitlich nicht mehr hinbekommt. Für uns verständlich - aber wir hätten ihn natürlich auch noch gerne länger dabei gehabt. Er unterstützt uns aber auch jetzt weiter live bis wir den passenden Mann gefunden haben.
Janko: Ihr seid mit dem neuen Album bei Listenable Records angelangt. Warum der Split Up mit Massacre Records? Ist der Vertrag ausgelaufen und wenn dem so ist, warum keine Verlängerung? War das Angebot zu schlecht oder hatte das gänzlich andere Gründe?
Joe: Das Angebot von Massacre war mit Verlaub eine Frechheit. Jagger knüpfte dann erste Kontakte mit Labels, die meisten zeigten kein Interesse, Listenable hingegen waren das erste Label das uns wollte und uns das auch so mit Euphorie vermittelte. Wir haben wirklich das Gefühl mit ihnen einen Partner gefunden zu haben, der alles dafür tut, dass THE SYMBOL OF DEATH ein großer Erfolg wird. Die Labelsuche hat mir mal wieder gezeigt, dass viele Außenstehende Disbelief sehr negativ beurteilen, warum auch immer. Aber wenn man z.B. von einem namhaften Label auf eine Angebotsanfrage die Antwort bekommt: "Nicht konkurrenzfähig", dann packt einen schon die blanke Wut. Im Business treiben sich leider auch viele Idioten herum, die völlig unfähig sind das Talent einer Band richtig einzuordnen. Aber leider haben die oft das Sagen und so wird vielen talentierten Bands der Weg versperrt.
Janko: Was sind deiner Meinung die wichtigsten Erkenntnisse, die du aus 27 Jahren DISBELIEF mitgenommen hast?
Joe: Die wichtigste Erkenntnis ist, dass man als Band nur überleben kann wenn man die gemeinsame Musik liebt und sich nicht zu sehr von außen beeinflussen lässt. Man muss dazu bereit sein persönliche Konflikte im Sinne der Band beizulegen. Eigensinn ist sicherlich nicht förderlich und ganz wichtig ist auch immer das persönliche, offene Gespräch zu suchen. Nicht über jemanden reden sondern mit der betreffenden Person.
Janko: Du singst/growlst ja „nebenbei“ noch bei MORGOTH. Was gibt es in dieser Hinsicht neues zu berichten? Welche Absprachen gibt es zwischen euch, damit sich deine Aktivitäten bei DISBELIEF und MORGOTH nicht zu überschneiden drohen?
Jagger: Zur Zeit gibt es noch nicht viel zu sagen, da Morgoth noch nicht direkt mit den Arbeiten für das nächste Album begonnen haben. Gewisse Ideen sind schon da, jetzt kommt es auf den nächsten Termin an, wann wir im Proberaum daran arbeiten werden. Wegen Überschneidungen kann ich nur sagen, das man sich gut absprechen muss, damit keine Überschneidungen zustande kommen. Bisher klappt das recht gut.
Janko: Du hast mit MORGOTH in Südamerika getourt. Wo genau wart ihr überall und was erlebt man dort so alles?
Jagger: Ja, wir waren in Chile (Capiapo & Santiago de Chile), in Kolumbien (Medellín & Bogota), El Salvador (San Salvador), Guatemala (Guatemala City) und Mexiko (Mexiko City). Die 13 Tage, die wir dafür unterwegs waren, waren so ergiebig, das es mir vorkam als wären wir vier Wochen in Latino America gewesen. Insgesamt muss ich sagen, haben wir viel Herzlichkeit und Enthusiasmus entgegengebracht bekommen. Ich möchte die Zeit, die wir dort zusammen erlebt haben, in meinem Musikerleben nicht mehr missen, weil ich dort auch als Person, wie auch als Musiker wieder ein bisschen mehr gewachsen bin.
Janko: Wie sieht es mit DISBELIEFs Tourplänen aus? Wird man euch mal auf großer Europatour sehen oder werdet ihr gar in absehbarer Zukunft in Übersee durchstarten? Das korrespondiert wahrscheinlich nicht so wirklich mit euren Privatleben oder würdet/könntet ihr das bei einem entsprechenden Angebot dennoch voll durchziehen?
Joe: Konkrete Tourpläne gibt es noch nicht, da wir alle unterschiedliche private Strukturen haben - also Job und Familie - wird es schwer werden alle unter einen Hut zu bringen, aber da müssen wir mal schauen wenn ein Angebot vorliegt, ob das bei jedem realisierbar ist!
Janko: Du bist selbstständig im Veranstaltungsservice tätig und hauptsächlich für den Bereich „Comedians“ zuständig. Was machst du da genau? Buchst du selbige auch? Sind das bekannte Comedians aus dem TV oder eher unbekanntere Leute?
Jagger: Ich mache das jetzt schon über 20 Jahre, erst nebenberuflich, dann selbstständig. Ich arbeite zu meisten Teilen für Comedians, die jeder kennt, aber auch Musikveranstaltungen kommen ab und zu vor. AC/DC, BAP, B.B. King, Bruce Springsteen, Kylie Minouge. Das macht mir immer noch Spaß und die Kollegen und Techniker, mit denen ich zusammen arbeite, sind in der Regel alle gut drauf.
Janko: Was wünschst oder erhoffst du dir für DISBELIEF und was haben wir in Zukunft von euch zu erwarten?
Joe: Für die Band wünsche ich mir Beständigkeit damit wir uns auf die Musik konzentrieren können. Wenn das der Fall ist kann man von Disbelief noch einige Outputs erwarten!
Janko: Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit zur Beantwortung all meiner Fragen genommen habt. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg und dass euch weiterhin die Muse küssen möge... ;-)
Joe & Jagger: Vielen Dank für euer Interesse und die Chance, uns zu euren Fragen zu äußern, keep the metal alive!!!
Track Video zu “Full Of Terrors”: