DIMMU BORGIR - Eonian
Was soll man zu den Mitbegründern des Symphonic Black Metal noch schreiben, was nicht bereits von anderer Seite zu kleinen, faserigen Fleischfetzen zerkaut wurde? DIMMU BORGIR sind bis dato die wohl bekannteste Black Metal Group der Welt. Genau das ist auch der Grund für Puristen, sie weder als solche anzusehen noch zu akzeptieren. Obschon die Symphonic Black Metal Urväter aus Jessheim bei Oslo das Genre ein Vierteljahrhundert lang belebt und entscheidend mitgestaltet haben, lehnen die wahren Black Metal Jünger Symphonic Acts wie DIMMU BORGIR oder auch CRADLE OF FILTH kategorisch ab. Was DIMMU BORGIR anbetrifft, muss ich den Puristen mit dem heutigen Tage recht geben, denn „Eonian“ ist nicht länger dem Black Metal zuzuordnen. Nicht einmal mehr dem Symphonic Black Metal, denn dafür überwiegen die opulent ausgeschmückten orchestralen Passagen indes zu sehr. Ich fühle mich durch die ausladenden Kompositionen mit den stark zurückgeschraubten Gesangspassagen häufig an die Schweden THERION, DIMMU BORGIRs Landsmänner SIRENIA, die deutsch/finnische Kooperation LEAVES‘ EYES, oder gar die Finnen von NIGHTWISH erinnert. Man muss diese Art der Musik schon mögen und das tun viele, was das neue DIMMU BORGIR Album wohl auf Platz 1 der deutschen Album Charts katapultieren dürfte. Ob dies nun einer Auszeichnung gleich kommt oder das Gegenteil der Fall ist, muss schlussendlich jeder für sich selbst entscheiden. „Eonian” ist zumindest kein weiteres Nischenprodukt geworden, sondern definitiv Fastfood für die breite Masse. Vielleicht trägt die jahrelange Beratung durch Landsmann und Jazzkomponist Gaute Storaas daran Schuld, vielleicht auch Jens Bogren, in dessen Fascination Street Studios die Band aufnahm. Wahrscheinlich aber DIMMU BORGIR höchst selbst, denn sie alleine sind verantwortlich für ihre Arrangements und deren Umsetzung.
Das norwegische Triumvirat, das bereits seit 1993 on Top ist, ließ nun also ganze sieben Jahre ins Land ziehen, bevor sie sich wieder einmal ins Studio gesellten, um dort ihr zehntes Studio Opus und Follow Up zum 2010er „Abrahadabra“ aufzunehmen. Das Ergebnis fällt für die hohe Erwartungshaltung, die man an eine Band wie DIMMU BORGIR legt, doch recht ernüchternd aus. Die Arrangements dieser starken symphonischen Inszenierungen sind selbstredend exzellent gewählt. Da gibt es keine zweite Meinung. Obschon die harten Passagen und sowohl Shagraths’ sonore Black Metal Erzählstimme und sein ketzerisch krächzender Gesang natürlich immer noch vorhanden, wie auch unverkennbar sind, liegt die Gewichtung mittlerweile ganz deutlich auf den symphonischen und choralen Passagen, die durch Beratung und jahrelanges Know-how kaum besser hätten umgesetzt werden können. Auch die zeitgenössischen und atmosphärischen Ausarbeitungen der Keyboardsequenzen, sowie der Chorarrangements mit dem Schola Cantrum Chor haben die norwegischen Black Smokers sauber hinbekommen. Das ist auch alles kein Widerspruch in sich, denn die Entwicklung hin zum progressiv Neoklassizistischen mit Filmmusikcharakter hat sich in den letzten Jahren im DIMMU BORGIR Sound schleichend, aber immer deutlicher niedergeschlagen. Dass die Norweger diesen Weg allerdings derart konsequent weitergehen würden, hatte ich in dieser Form nicht erwartet. Der Bombast in den orchestralen Passagen wurde ebenfalls ein ganz klein wenig zurückgeschraubt, dafür trat das epische Moment stärker in den Vordergrund. Dass man hierüber jedoch an vielen Stellen verschlafen hat, Gesangslinien einzufügen, macht mich schon etwas stutzig. Lediglich „Ætheric“, „I Am Sovereign“, sowie „Archaic Correspondence“ haben es mir ein wenig angetan.
Der düstere, mit diversen Effekten gespickte Symphonic Metal weist zum Teil elektronisch nachbearbeitete Sequenzen bei den Gitarren, dem Gesang etc. auf und wirkt dadurch etwas künstlich. Natürlich geht solch eine glasklare Produktion auch immer sehr zu Lasten der Lebendigkeit, jedoch muss ich sagen, dass im Falle dieser gewaltigen Breitwandsounds gerade durch diese Sterilität jedes einzelne Detail greifbar und erfahrbar gemacht wird. Die, oftmals ins Fröhliche abdriftenden, orchestralen Passagen sind wirklich stark performt und durchaus als kunstfertig zu bezeichnen, jedoch hat das mit Black Metal im herkömmlichen Sinne natürlich nicht mehr allzu viel gemein. Hier und da beschwört man noch eine bombastische, sinistere Stimmung herauf, die härteren Passagen, sind allerdings recht rar gesät und es kommt zuweilen gar ein wenig Pop Feeling auf, was mir persönlich äußerst negativ aufstößt. Laut diverser Vorberichte und Informationen der Band soll man wieder mehr zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt sein. Aufgrund der überwiegenden orchestralen Kompositionen kann ich dem allerdings nicht beipflichten. Das heißt jedoch nicht, dass ich grundsätzlich ein Problem mit dem Album oder der Entwicklung des DIMMU BORGIR Sounds hätte. Doch fehlen mir die druckvollen, geistreichen, authentischen und unverkennbaren Black Metal Passagen, die sich von Anfang an im Hirnkasten einnisten, um dort ihr Unheil zu verrichten. Ob sich die Norweger Symphonic Metaller damit tatsächlich einen Gefallen getan haben, wird die Zukunft weisen. Da es in der heutigen, verkommen Welt jedoch stets um Cashflow geht und die Herren auch an ihre spätere Rente denken müssen, kann man ihnen diesen Schritt hinaus aus dem Extrem Metal, hinüber in die popgeprägte Anderswelt wohl auch nicht wirklich verdenken. Das schwer zu beurteilende, zehn Tracks (inkl. dem nichtssagenden Instrumental „Rite of Passage“) umfassende und 54:19 Minuten rotierende „Eonian“ befasst sich mit dem philosophischen Konzept Zeit als Illusion und was damit passiert, wenn kein Gedanke mehr an Zeit verschwendet wird. Sie hört auf zu existieren. Das ist „Eonian“ im immerwährenden Hier und Jetzt. Zbigniew M. Bielak (GHOST, BEHEMOTH, MAYHEM) hat mit seinem detailreichen Artwork eine wirklich astreine und ansprechende Arbeit hingelegt.
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Meine Wertung: 83/100
DIMMU BORGIR in der aktuellen Besetzung:
Shagrath (Stian Tomt Thoresen) – Vocals
Silenoz (Sven Atle Kopperud ) – Guitar (rhythm)
Galder (Thomas Rune Andersen Orre) – Guitar (lead)
Current live line-up:
Daray (Darek Brzozowski) – Drums ex-VADER
Gerlioz (Geir Bratland) – Keyboard
Tracklist:
01. The Unveiling (05:47)
02. Interdimensional Summit (04:39)
03. Ætheric (05:27)
04. Council of Wolves and Snakes (05:19)
05. The Empyrean Phoenix (04:44)
06. Lightbringer (06:06)
07. I Am Sovereign (06:48)
08. Archaic Correspondence (04:55)
09. Alpha Aeon Omega (05:18)
10. Rite of Passage (05:16)
TT: 54:19 Minuten
Anspieltipps: Ætheric, I Am Sovereign, Archaic Correspondence
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Council Of Wolves And Snakes:
Interdimensional Summit: