German version (for the English version scroll down further):
Die triviale, schrullige und überspitzte Haunted House Spukgeschichte "Das Septemberhaus", der US-amerikanischen Schriftstellerin und Psychologin Carissa Orlando, ist offensichtlich eher an die weibliche Klientel gerichtet. Der fantasiegeschwängerte und mysteriöse Roman, welcher im September 2023 im Original erschien, avancierte in Amerika schnell zum Bestseller. Für mich persönlich ist "Das Septemberhaus" jedoch eher eine unglaublich nervtötende Angelegenheit voller Belanglosigkeiten gewesen, bei der die Hauptprotagonistin Margaret Hartman wie aus dem Nähkästchen plaudert. Unglaubliche Längen, ergehen sich in öden Konversationen, die zu keinem Schluss führen. Die ganze Zeit über fragte ich mich: "Kommt da noch was?", aber dann kam da tatsächlich noch was. Und das hatte es in sich! Doch was macht Carissa Orlando aus ihrer eigenen Steilvorlage? Die Autorin nimmt zuerst ordentlich Fahrt auf, steht sich dann aber selbst im Weg, nur um aus der Kurve, die sie gerade noch zu bekommen schien, abermals auszubrechen und das Teil mit einem Totalschaden erneut gegen die Wand zu fahren. Die Thematiken, die hier verkauderwelscht wurden, passen für mich in der Form einfach nicht zusammen. Was vorne fehlt, wird hinten zu dick aufgetragen und das interessante Thema, bei dem man es besser belassen hätte, wird in gewisser Weise verhohnepipelt.
Aber kommen wir erst einmal zum Plot ... Die narzisstische, anspruchsvolle und angeberische Stubenhockerin Margaret und ihr Ehemann Harold "Hal" Hartman, erwerben ein 150 Jahre altes Haus im viktorianischen Stil. In dem, in die Jahre gekommen Haus, hat es über die Jahrzehnte mehrere Todesfälle gegeben. Jedes Jahr im September beginnt das Haus innerlich zu bluten. Begleitet von nächtlichem Stöhnen, steigert sich das Ganze zum Monatsende hin zu einer manischen Kakophonie aus Schreien. Die 57-jährige Margaret arrangiert sich mehr oder minder mit den sich manifestierenden Geistern der Ermordeten, die ihr zum Teil im Haushalt helfen, stumm auf den Keller zeigen, alles umräumen oder sich schon mal in ihren Extremitäten verbeißen wollen. Wie in Trance oder auf einem Trip lebt Margaret in ihrer eigenen Blase und will um jeden Preis verhindern, dass man ihr Haus und ihre Geister nimmt. Sie nennt sie die Schelme oder die Strolche, die eher faxen machen, als zu spuken. Aber was hat es mit Master Vale im Keller auf sich? Die egomanische und langweilige Ich-Erzählerin, die sich scheinbar von nichts aus der Ruhe bringen lässt, berichtet lapidar über den sie umgebenden Zustand und agiert wie eine unbekümmerte, verschrobene ältere Dame, die ein wenig an den Wonnen des Lebens hängen geblieben ist. Dass ihr Mann vor einiger Zeit spurlos verschwunden ist, scheint sie nicht im Geringsten zu stören. Lediglich die ständige Fragerei der gemeinsamen Tochter Katherine, die bereits vor Margarets und Hals Einzug in das alte Haus in der Hawthorn Street von Zuhause ausgezogen ist, geht der Hausherrin allmählich auf den Zeiger. Bis Katherine, die ihr nie sonderlich nahestand, sich ankündigt, um nach ihrem Dad zu suchen. Und das ausgerechnet im September!
Leider ist "Das Septemberhaus" mehr Faxenhaus-Geschichte als Spukhaus-Roman. Wenig Action, wenig Spannung, wenig Brutalität (bis auf den Schluss), wenig Grusel und wenig Unterhaltung. Obwohl Carissa Orlando einen lockeren, gesetzten und zugänglichen Schreibstil pflegt, wirkt "Das Septemberhaus" auf mich weder gruselig noch humorvoll, sondern inkohärent, zum Teil gar regelrecht widersprüchlich konstruiert und in gewisser Weise vorhersehbar. Carissa Orlando ist auf Effekthascherei aus, die bei mir jedoch keine Wirkung zeigte. Die Verfasserin springt in den Zeiten hin und her und berichtet von Margaret Hartmans Zeit als junge Frau, wie sie Hal kennenlernte und über die Ehe, die sie gemeinsam führten. Dabei kämpfen Realismus und Surrealismus um die Vorherrschaft. Von der Stimmung her war "Das Septemberhaus" ganz o.k., aber das reicht bei weitem nicht, wenn auf den ersten 270 Seiten so gut wie nichts passiert. Margaret stellt irgendwann Nachforschungen über das Haus und die Familie Vale an. Was sie herausfindet, ist genauso unspektakulär wie der Rest des wankelmütigen Storyboards. Nach einiger Zeit der Suche nach ihrem Vater Hal und der gemeinsamen Zeit mit ihrer Mutter, zweifelt Katherine an Margarets geistiger Integrität und die Stimmung beginnt zu kippen. Wäre die Doktorin in klinischer Gemeinschaftspsychologie Carissa Orlando mit dem nötigen Respekt, der gebührenden Ernsthaftigkeit und dem mentalen Fingerspitzengefühl an den tieferen Sinn der eigentlich hochinteressanten Thematik herangegangen, wäre "Das Septemberhaus" sicherlich ein richtig tolles und anspruchsvolles Werk geworden. Für mich ist das Buch jedoch weder Fisch noch Fleisch! Dieser lachhafte Pseudo-Humor ist absolut nicht meins und ich halte ihn auch eher für kontraproduktiv. Schade eigentlich, denn für sich genommen hätten die Handlungsstränge ein großes Potenzial gehabt, doch Carissa Orlando zieht diese ins Lächerliche und lässt die, auf der Hand liegenden Möglichkeiten sträflich ungenutzt. In dem gesamten Kontext ergibt das alles wenig Sinn. Für mich ist das 432 Seiten umfassende "Das Septemberhaus" daher eine ziemlich verkorkste Nummer geworden!
(Janko)
https://www.facebook.com/carissaorlandoO
Brutalität/Gewalt: 49/100
Spannung: 45/100
Action: 43/100
Unterhaltung: 46/100
Anspruch: 35/100
Atmosphäre: 39/100
Emotion: 39/100
Humor: 06/100
Sex/Obszönität: 10/100
LACK OF LIES - Wertung: 41/100
LACK OF LIES - Altersempfehlung: ab 16 Jahren (aufgrund der Gewaltdarstellungen, des abenteuerlichen Kontext und des unterschwelligen Humors)
Carissa Orlando - Das Septemberhaus
Festa Verlag
Horror & Thriller
Buchreihe: Festa Horror & Thriller - Band 200
ISBN: 978-3-98676-195-0
432 Seiten
Paperback in der Festa-Lederoptik mit Umschlagklappen
Originaltitel: The September House (2023)
Aus dem Amerikanischen von Claudia Rapp
Erscheinungstermin: 12.03.2025
EUR 16,99 Euro [DE] inkl. MwSt.
Weitere Formate:
ISBN eBook (epub): 978-3-98676-196-7
Erscheinungstermin: 18.02.2025
EUR 5,99 Euro [DE] inkl. MwSt.
"Das Septemberhaus" beim Festa Verlag: https://www.festa-verlag.de/das-septemberhaus.html
English version:
- trivial, quirky and exaggerated haunted house spook story -
The trivial, quirky and exaggerated haunted house story “The September House”, by the American writer and psychologist Carissa Orlando, is obviously aimed more at the female clientele. The fantasy-filled and mysterious novel, which was originally published in September 2023, quickly became a bestseller in America. For me personally, however, “The September House” was more of an incredibly annoying affair full of trivialities, in which the main protagonist Margaret Hartman chatted out of control. Incredible lengths of boring conversations that lead to no conclusion. The whole time I was wondering, “Is there anything else coming?”, but then something else actually came. And that was it! But what does Carissa Orlando do with her own pass? The author initially picks up speed, but then gets in her own way, only to break out of the curve that she seemed to have just managed to get and drive the thing into the wall again with a total loss. The topics that have been glossed over here simply don't fit together for me. What is missing at the front is laid out too thickly at the back and the interesting topic, which would have been better left at, is in a way mocked.
But let's get to the plot first... Narcissistic, demanding and boastful homebody Margaret and her husband, Harold "Hal" Hartman, purchase a 150-year-old Victorian-style home. There have been several deaths in the aging house over the decades. Every September the house begins to bleed internally. Accompanied by nightly moans, the whole thing escalates into a manic cacophony of screams by the end of the month. The 57-year-old Margaret more or less comes to terms with the manifesting ghosts of the murdered, some of whom help her around the house, silently point to the cellar, rearrange everything or sometimes want to bite into her extremities. As if in a trance or on a trip, Margaret lives in her own bubble and wants to prevent her house and her spirits from being taken away at all costs. She calls them the pranksters or the tramps who are more likely to fax than spook. But what's with Master Vale in the basement? The egomaniacal and boring first-person narrator, who doesn't seem to let anything bother her, reports succinctly about the situation surrounding her and acts like a carefree, cranky older lady who is a little too fond of the joys of life. The fact that her husband disappeared without a trace some time ago doesn't seem to bother her in the least. Only the constant questioning of their daughter Katherine, who had already moved out of home before Margaret and Hal moved into the old house on Hawthorn Street, is gradually getting on the landlady's pointer. Until Katherine, who was never particularly close to her, comes forward to look for her dad. And this in September of all days!
Unfortunately, “The September House” is more of a fax house story than a haunted house novel. Little action, little tension, little brutality (except for the end), little horror and little entertainment. Although Carissa Orlando has a relaxed, sedate and accessible writing style, "The September House" strikes me as neither creepy nor humorous, but rather incoherent, sometimes even contradictorily constructed and in a certain way predictable. Carissa Orlando is looking for sensationalism, which had no effect on me. The author jumps back and forth in time and reports on Margaret Hartman's time as a young woman, how she met Hal and the marriage they had together. Realism and surrealism fight for dominance. In terms of mood, "The September House" was okay, but that's not nearly enough when next to nothing happens in the first 270 pages. At some point, Margaret begins researching the house and the Vale family. What she discovers is just as unspectacular as the rest of the fickle storyboard. After some time searching for her father Hal and spending time with her mother, Katherine doubts Margaret's mental integrity and the mood begins to change. If the doctor in clinical community psychology Carissa Orlando had approached the deeper meaning of the actually extremely interesting topic with the necessary respect, the appropriate seriousness and the mental tact, "The September House" would certainly have been a really great and demanding work. For me, however, the book is neither fish nor meat! This laughable pseudo-humor is absolutely not my thing and I also consider it counterproductive. It's a shame, because the storylines would have had great potential on their own, but Carissa Orlando ridicules them and leaves the obvious possibilities criminally unused. In the overall context, it all makes little sense. For me, the 432-page “The September House” turned out to be a pretty messed up number!
(Janko)