German version (for the English version scroll down further):
Die alleinstehende, Anfang 50-jährige Forensische Vampiranthropologin Barbara Atkins wird im November 2024 nach Deadhart, inmitten des Denali-Nationalparks, abgeordnet. Eine Siedlung mit 673 Einwohnern in der alaskischen Taiga, etwa eineinhalb Stunden Autofahrt von Talkeetna entfernt. Dort hat man den fünfzehnjährigen Jugendlichen Marcus Anderson tot aufgefunden. Zu dieser Jahreszeit, gilt es vor Ort mit nur fünf Stunden Tageslicht auszukommen. Eigentlich ein Wohlfühlort für Vampire, würde man die exzessive Gewalteinwirkung gegen den Hals des Jungen und damit seine grausame Ermordung, nicht ihnen anlasten. Vor etwa anderthalb Jahren aus dem Exil zurückgekehrt, wollte die Kolonie endlich wieder in ihrem ursprünglichen Stammesgebiet, friedlich neben der Siedlung der Menschen leben. Doch nun schlägt den Vampiren abermals Hass und tiefe Abneigung entgegen. Dass es irgendwann zu einem derartigen Zwischenfall kommen würde, war den Dorfbewohnern von vornherein klar, gab es doch vor 25 Jahren bereits eine ganz ähnliche Begebenheit. Aufgrund des eindeutigen Verletzungsbildes am Hals des Teenagers sind die Schuldigen schnell ausgemacht. Die Dorfbewohner sind sich gegenseitig nicht grün, stecken voller Vorurteile und sind jedem Fremden gegenüber misstrauisch. Detective Barbara Atkins vom Institut für Forensische Vampirstudien soll den Fall, gemeinsam mit Polizeichef Pete Nicholls übernehmen. Dabei stoßen die beiden schon recht schnell auf Widerstand in der Gemeinde und die ersten Ungereimtheiten.
"Die Kolonie" ist ein durchaus ernsthafter und genretypischer Investigations-Thriller, der sich durch seine subtile "Vampir-Romantik" ein klein wenig von dem marktüberschwemmenden Einheitsbrei abheben kann. Zu Beginn mit leicht spöttischem Unterton versehen, entwickelt sich "The Gathering", wie der 2024 erschienene Roman im englischen Original betitelt wurde, allmählich zu einem durchwachsen, weil unspektakulären und konservativen Spannungsroman. Es fehlt der Erzählung an Vitalität und Spritzigkeit, wodurch "Die Kolonie" holprig, konstruiert und leblos wirkt. Obwohl die 1972 in Salisbury geborene Schriftstellerin C. J. Tudor, in ihrem mittlerweile sechsten Gedankenkonstrukt, auf die altbewährte Cliffhanger-Taktik zurückgreift, will der Plot nicht so recht zünden.
Das mag zum einen dem Aspekt geschuldet sein, dass die Britin auf den ersten 80 Seiten, ihres insgesamt 480 Seiten umsäumenden Vampir Thrillers, bereits über 30 Personen einführt, zum anderen aber auch der Tatsache, dass sie nahezu sämtliche Stereotypen bedient. Auch wenn diese nicht unbedingt vordergründig thematisiert werden, halte ich es eher für kontraproduktiv, zurechtgelegte, überlagerte Anspielungen und Parallelen zum Kolonialismus, Nationalsozialismus, moderner Kriegsführung, Ku-Klux-Klan, dem intoleranten Bible-Belt, zur gleichgeschlechtlichen Liebe, Geschlechtsumwandlungen, Queerer Community, Prostitution, Missbrauch, Drogenhandel, Beschaffungskriminalität, Klassenunterschieden, Trophäenhandel und Fanatismus in einem belletristischen Unterhaltungsroman sinnbildlich zu verpacken. Mit dieser trivialen Belustigung und ihrer abgegriffenen Kritik möchte C. J. Tudor offensichtlich woke erscheinen, wobei sie mir persönlich deutlich zu sehr mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger herumfuchtelt. Das hat auch einen bitteren Beigeschmack von Frustration.
Es fiel mir ebenfalls schwer, eine Beziehung zu den unzähligen Charakteren aufzubauen, die überwiegend farb- und konturlos bleiben. Die örtliche Kulisse des südlichen Alaskas könnte ebenfalls einnehmender und atmosphärischer ausgestaltet sein. In einem derart winterlichen Wonderland sollte dies zur Orientierung und Bindung doch eigentlich kein Problem darstellen. Auch mit Action wurde sparsam umgegangen, was dem Kriminalfall keinesfalls zuträglich erscheint. Ab und an wird die eigentliche Handlung von den Gedanken einer gefangen gehaltenen Vampirin, sowie von Athelindas gegenwärtigen Leben, als unterdrückte Minderheit in der Kolonie, unterbrochen. Doch eine richtige Story, in der Fortschritte zu verzeichnen sind, entwickelt sich daraus nicht. Das zäh fließende Szenario, das die britische Autorin C. J. Tudor mit "Die Kolonie" entwirft, ist eindeutig zu steif, substanzlos und "faktenbasiert". Tudor folgt dabei sowohl der Logik als auch den Gesetzmäßigkeiten der Samstag-Abend-Krimi-Thriller hiesiger Regionalsender. Dass man sie als Englands weiblichen Stephen King bezeichnet (wie im Klappentext geschehen), empfinde ich als Fan des King Of Horror ziemlich anmaßend. Gefühlt blieb bei mir nicht allzu viel hängen von dem Gelesenen. Das Ganze ist weder Fisch noch Fleisch und geht daher leider auch nur noch als nährstoffarmes Fastfood für Mr. und Mrs. Braindead durch. Für den Otto-Normal-Leser mag "Die Kolonie" vielleicht ihren Reiz bergen, für den anspruchsvollen Vielleser taugt "Die Kolonie" jedoch nicht. Die Autorin, die heute mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in Nottingham lebt, absolvierte bereits ein Volontariat zur Reporterin und arbeitete als Werbetexterin, Radio-Drehbuchautorin, Fernsehmoderatorin, Synchronsprecherin und Dogwalkerin.
(Janko)
https://www.facebook.com/CJTudorOfficial/
https://www.instagram.com/cjtudorauthor/
Brutalität/Gewalt: 45/100
Spannung: 46/100
Action: 33/100
Unterhaltung: 61/100
Anspruch: 20/100
Atmosphäre: 37/100
Emotion: 21/100
Humor: 04/100
Sex/Obszönität: 10/100
LACK OF LIES - Wertung: 60/100
LACK OF LIES - Altersempfehlung: ab 15 Jahren (aufgrund der Thematik und der Gewaltdarstellungen)
C. J. Tudor - Die Kolonie
Goldmann Verlag
Thriller
ISBN: 978-3-442-20651-3
480 Seiten
Paperback, Klappenbroschur
Originaltitel: The Gathering (2024)
Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay
Erscheinungstermin: 22.01.2025
EUR 16,00 Euro [DE] inkl. MwSt.
Weitere Formate:
ISBN eBook (epub): 978-3-641-30501-7
Erscheinungstermin: 22.01.2025
EUR 9,99 Euro [DE] inkl. MwSt.
ISBN Hörbuch Download: 978-3-8445-5278-2
Erscheinungstermin: 20.01.2025
EUR 25,95 Euro [DE] inkl. MwSt.
"Die Kolonie" beim Goldmann Verlag: https://www.penguin.de/buecher/c-j-tudor-die-kolonie/ebook/9783641305017
English version:
- serious and genre-typical investigation thriller with subtle "vampire romance" -
The single, early 50-year-old forensic vampire anthropologist Barbara Atkins will be seconded to Deadhart, in the middle of Denali National Park, in November 2024. A settlement of 673 people in the Alaskan taiga, about an hour and a half drive from Talkeetna. The fifteen-year-old teenager Marcus Anderson was found dead there. At this time of the year, you have to deal with five hours of daylight only. Actually a place of well-being for vampires, if one would not blame them for the excessive violence against the boy's neck and thus his gruesome murder. Returning from exile about a year and a half ago, the colony finally wanted to live peacefully next to the human settlement in its original tribal area. But now the vampires are once again met with hatred and deep dislike. It was clear to the villagers from the outset that such an incident would occur at some point, as there had already been a very similar occurrence 25 years ago. Due to the clear pattern of injuries on the teenager's neck, the culprits were quickly identified. The villagers mostly don't like each other, are full of prejudices and are suspicious of any stranger. Detective Barbara Atkins from the Institute for Forensic Vampire Studies is supposed to take on the case together with Police Chief Pete Nicholls. The two of them quickly encountered resistance in the community and the first inconsistencies.
“The Colony” is a very serious and genre-typical investigation thriller, which stands out a little from the monotony that floods the market thanks to its subtle “vampire romance”. Initially with a slightly mocking undertone, "The Gathering", as the novel, published in 2024, was titled in the original English, gradually develops into a streaky, because unspectacular and conservative, suspense novel. The narrative lacks vitality and liveliness, making "The Colony" seem bumpy, constructed and lifeless. Although the writer C. J. Tudor, who was born in Salisbury in 1972, resorts to the tried and tested cliffhanger tactic in what is now her sixth thought construct, the plot doesn't really take off. On the one hand, this may be due to the fact that the Brit introduces over 30 characters in the first 80 pages of her 480-page vampire thriller, but on the other hand, it is also due to the fact that she uses almost all stereotypes. Even if these are not necessarily discussed in the foreground, I think it is rather counterproductive, prepared, superimposed allusions and parallels to colonialism, National Socialism, modern warfare, the Ku Klux Klan, the intolerant Bible Belt, same-sex love, gender reassignment, the queer community, prostitution, abuse, drug trafficking, acquisitive crime, class differences, trophy trading and fanaticism in a fiction entertainment novel to be packaged symbolically. With this trivial amusement and her hackneyed criticism, C. J. Tudor obviously wants to appear woke, although for me personally she is waving the moral finger too much. This also has a bitter aftertaste of frustration.
I also found it difficult to build a relationship with the countless characters, most of whom remain colorless and featureless. The local setting of southern Alaska could also be more engaging and atmospheric. In such a winter wonderland, this shouldn't really be a problem for orientation and bonding. Action was also used sparingly, which in no way seems to be beneficial to the crime. Every now and then the actual plot is interrupted by the thoughts of a captive vampire, as well as by Athelinda's current life as an oppressed minority in the colony. But a real story in which progress can be recorded does not develop from this. The slow-flowing scenario that the British author C. J. Tudor creates in “The Colony” is clearly too stiff, insubstantial and “fact-based”. Tudor follows both the logic and the laws of the Saturday evening crime thrillers on local regional channels. As a fan of the King Of Horror, I find it quite presumptuous that she is referred to as England's female Stephen King (as happened in the blurb). I didn't feel like I remember much of what I read. The whole thing is neither fish nor meat and therefore unfortunately only passes as nutrient-poor fast food for Mr. and Mrs. Braindead. "The Colony" may have some appeal for the average reader, but "The Colony" is not suitable for the discerning frequent reader. The author, who now lives in Nottingham with her partner and daughter, has already completed a traineeship as a reporter and has worked as an advertising copywriter, radio scriptwriter, television presenter, voice actress and dog walker.
(Janko)