AT THE GATES - To Drink From The Night Itself
Keiner kreischt so geil wie Tomas "Tompa" Lindberg (THE LURKING FEAR, THE GREAT DECEIVER, SIGN OF CAIN, ex-LOCK UP, ex-NIGHTRAGE, ex-THE CROWN). Eine der Beschreibungen, die mir sofort in den Sinn kommen, wenn ich an diesen großartigen Künstler und schier unerschöpflichen Quell der Inspiration denke. Indes eine winzige Nuance ruhiger geworden, vielleicht weil man doch ein wenig in die Jahre gekommen ist, legt der ansonsten in Göteborg als Sozialkundelehrer für Mittelschüler und Gymnasiasten tätige Herr Lindberg (*16.10.1972) sein Hauptaugenmerk nach wie vor auf die perfekte Symbiose aus Melodie und Härte. In ihrer technischen Komplexität sind AT THE GATES also nach wie vor ein Garant für brutale, melodische und dennoch eingängige Arrangements. Die wegweisende, schwedische Todeskapelle ist seit 1990 (zuvor noch als GROTESQUE) unterwegs, wurde zwischendrin aber immer wieder auf Halte gelegt - zwischen 1996 und 2007 sogar ganze elf Jahre lang - und hat daher mit „To Drink From The Night Itself“ auch erst ihr sechstes Studiokomplettwerk am Start. Es ist ein Album geworden, das verdammt noch mal Arsch tritt und so richtig viel Spaß verbreitet. Je mehr man sich mit dem Album beschäftigt, je mehr wird man es lieben!
Das kraftstrotzende Energiebündel befasst sich mit dem Konzept der Kunst. Es sei eine Metapher für Leben und Atmen durch die Kunst. Tompa selbst bezeichnet „To Drink From The Night Itself“ als roh, hungrig und verzweifelt. Ich denke, das kann man durchaus so stehen lassen. Rein lyrisch gesehen beschäftigen sich AT THE GATES mit Melancholie, innerer Zerrüttung, dem Tod, sowie gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Problemen. Die Mitbegründer dessen, was im allgemeinen Sprachgebrauch als Göteborg-Sound bezeichnet wird, haben mit „To Drink From The Night Itself“ eine sehr differenzierte und ausgewogene, dem AT THE GATES Sound angemessene Produktion am Start. Melodisch, brachial, aber gleichwohl atmosphärisch legt das Death Metal Quintett, nach einem leicht ins Dramatische abdriftenden Intro, mit dem titelgebenden Song deftig los. Felldrescher Adrian Erlandsson (THE HAUNTED, THE LURKING FEAR, ex-CRADLE OF FILTH, ex-BRUJERIA, ex-PARADISE LOST) verteilt hierbei heftig Prügel. Wilde Raserei beherrscht er dabei genauso wie die polyrhythmische Auseinandersetzung mit der übrigen Rhythmusfraktion, aber auch die ruhigeren Parts untermalt er ansprechend variantenreich. Und Tompa treibt den Rest der Instrumentalfraktion mit seinem intensiven, morbiden und so richtig schön angepisst aggressiven Brutalogekreisch zur absoluten Ekstase.
Er setzt sein unverkennbar aggressives Organ wie ein zusätzliches Instrument ein. Im anspruchsvollen, ausgeklügelten und spacig-schranzigen Riffing, der beiden Gitarreros Martin Larsson und Jonas Stålhammar [Gründungsmitglied und Gitarrist Anders Björler (THE HAUNTED), der die Band im März 2017 verließ, wurde kurzerhand von Jonas Stålhammar (BOMBS OF HADES, GOD MACABRE, THE LURKING FEAR) ersetzt], sowie dem exzellenten Kesselanschlag Erlandssons spiegeln sich die Raffinesse und die Eigenständigkeit der Brutal Melo Deather wieder. Das durchdingend massive Stahlgewitter, das in seiner Zerstörungswut immer mal wieder innehält, um den angerichteten Schaden zu betrachten und sich in einer kurzen Ruhe vor dem Sturm daran zu ergötzen, baut auf leidenschaftlich umgesetzte Ideen, die ihm wahrlich Seele und Identität verleihen. Mit den typischen AT THE GATES Trademarks belegt, werden die einzelnen Tracks durchaus straff gezockt. Die obergeile, brachiale Gangart zu „Palace of Lepers” beispielsweise geht zwar eindeutig zu Lasten der Eingängigkeit, was wiederum durch melodische Bridges und einen starken Refrain wettgemacht wird. Ansonsten rufen die einprägsamen Melodien, vor allem bei „Seas of Starvation“ einen regelrechten Ohrwurmcharakter hervor. Auch die leicht melancholische Midtempo Nummer „Daggers of Black Haze“ zeugt von purer Leidenschaft. Jeder einzelne Musiker kann dabei auf seine individuellen Stärken zurückgreifen und die Songs mit seinen ganz persönlichen Nuancen würzen. Ein derart einwandfreies Zusammenspiel ermöglicht erst diesen einmalig durchdringenden AT THE GATES Melo Death Drive. Das zeigt sich insbesondere bei Songs, wie „The Colours of the Beast“ oder „A Labyrinth of Tombs“. Ebenso besticht der leicht melancholische Midtempo Rausschmeißer „The Mirror Black” durch ein dichtes, eindringliches Soundgefüge. Das hier ist alles andere als weichgespülte Kinderkacke, wie sie sich im Melodic Bereich leider im kaum zu beschreibenden Maße auftürmt. „To Drink From The Night Itself“ ist authentischer, effizient arrangierter Melo Death der Göteborgschule, der von der ersten bis zu letzten Sekunde fetzig in die Fresse knallt.
AT THE GATES 6.0, welches von Soundingenieur Russ Russell (DIMMU BORGIR, NAPALM DEATH, THE HAUNTED) produziert wurde, bringt es in der normalen Version inklusive Intro auf insgesamt zwölf Tracks und 44:48 Minuten. Hierzulande wird es aber zusätzlich als Limited Edition Mediabook 2-CD (inklusive einer Bonus-Disc mit 5 zusätzlichen Tracks, erweitertem Booklet und 3 Stickers) erscheinen. Das LP-Boxset ist auf 2000 nummerierte Kopien limitiert und kommt als spezielle Triple Gatefold Version mit alternativem Cover Artwork, LP-Booklet, 4 Art-Prints, einer Bonus LP mit 5 zusätzlichen Tracks, einem größeren Poster, einem großen Patch, einem Metall-Pin, einer handsignierten Karte, einem Set aus 3 Stickern, sowie der dazugehörigen CD inklusive Bonus-Disc. In der Mediabook-Edition sind zusätzlich folgende Bonustracks enthalten:
13. Daggers Of Black Haze (feat. Rob Miller) (04:47)
14. The Chasm (feat. Per Boder) (03:21)
15. A Labyrinth Of Tombs (feat. Mikael Nox Pettersson) (03:32)
16. The Chasm (demo version) (03:21)
17. The Mirror Black (feat. Rob Miller) (04:38)
Meine Wertung: 90/100
AT THE GATES in der aktuellen Besetzung:
Tomas "Tompa" Lindberg – Vocals
Martin Larsson – Guitars
Jonas Stålhammar – Guitars
Jonas Björler – Bass
Adrian Erlandsson – Drums
Tracklist:
01. Der Widerstand (01:28)
02. To Drink from the Night Itself (03:30)
03. A Stare Bound in Stone (04:08)
04. Palace of Lepers (04:05)
05. Daggers of Black Haze (04:42)
06. The Chasm (03:21)
07. In Nameless Sleep (03:37)
08. The Colours of the Beast (03:50)
09. A Labyrinth of Tombs (03:30)
10. Seas of Starvation (03:56)
11. In Death They Shall Burn (03:59)
12. The Mirror Black (04:42)
TT: 44:48 Minuten
Bonustracks der Mediabook-Edition:
13. Daggers Of Black Haze (feat. Rob Miller) (04:47)
14. The Chasm (feat. Per Boder) (03:21)
15. A Labyrinth Of Tombs (feat. Mikael Nox Pettersson) (03:32)
16. The Chasm (demo version) (03:21)
17. The Mirror Black (feat. Rob Miller) (04:38)
Anspieltipps: Palace of Lepers; The Colours of the Beast; To Drink from the Night Itself; Daggers of Black Haze; Seas of Starvation
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To Drink From The Night Itself:
Daggers Of Black Haze:
A Stare Bound In Stone: