ARCH ENEMY - Will To Power
(Century Media)
Was soll man noch über eine Band wie ARCH ENEMY aus Halmstad in Schweden schreiben, was nicht schon tausende Male zuvor geschrieben wurde? Im 22. Jahr, mit "Will To Power" bereits Studiowerk Nummer 10 am Start, hat das schwedische Melo Death Five Piece um Frontfrau Alissa White-Gluz die logische und konsequente Fortführung ihres 2014er „War Eternal“ Silberlings abgeliefert. In alter Manier und ihrem erfrischend klaren, saftigen Klang zocken die versierten Melodic Deather zwölf neue Tracks in 50:41 Minuten ein. Neben ihrem typischen C Tuning dienen die vielen melodischen Passagen auf „Will To Power“ immer wieder zur Auflockerung der, für ARCH ENEMY Verhältnisse relativ sinisteren Grundausrichtung. Man merkt dem Opus also den Willen zur Power deutlich an. ARCH ENEMY Gründer und Gitarrist Michael Amott sagte einst allerdings auch: „Als ich die Band 1995 ins Leben rief, wollte ich daraus die härteste Melodic Band aller Zeiten machen.“ Das neue Material ist für Melo Death schon eine ganz schön deftig deathige und thrashige Angelegenheit. Die Dynamik und der Flow der Songs sind aber regelrecht ansteckend.
„Will To Power“ ist die erste Studiobratpfanne, seitdem Alissa White-Gluz (ex-THE AGONIST) die ehemalige Frontröhre Angela Gossow im Jahre 2014 ablöste, die mir aufgrund der indes doch recht ausgeprägten Gesangsrange von Frau White-Gluz wirklich zu gefallen weiß. Meiner Meinung nach stellt sich die kanadische Sängerin auf „Will To Power“ breiter, gereifter und variabler auf denn je. Die hübsche Fronterin gibt sich guttural dreckig, düster growlig, bis kratzig thrashig. Ihr Reibeisen Organ wird aber auch mal technisch verändert mit Flüstertechniken bearbeitet. Alissa gibt zumeist so richtig Gas und legt eine gewaltige Power in ihr weiblich rumpelndes Death Growling Organ. Dass sie aber auch etwas „sanfter“ kann, stellt sie im Mittelteil des Melodiemonsters „The World Is Yours“ und vor allem in der vergleichsweise ruhigen, von Alissa teils einfühlsam klar, teils rockröhrig, fast schon doomig, teils gewohnt deathig performten Halbballade „Reason To Believe“ eindrucksvoll unter Beweis. Es ist zwar eine, für ARCH ENEMY Verhältnisse etwas ungewöhnliche, dafür aber auch eine ganz starke Nummer, die ich nicht mehr missen möchte. Ob hier allmählich der Weg in etwas weitläufigere musikalische Landschaften geebnet werden soll? Ewig wird man in der „eingepressten“ Form wie zuvor nicht weitermachen können oder wollen!?! Für mich jedenfalls - man soll es kaum für möglich halten - nach „First Day In Hell“ sogar der zweitbeste Song des Albums.
Mit dem Eröffnungsstück „Set Flame To The Night“ und dem neunten Track „Saturnine“ hat das Quintett auch zwei Instrumentals zwischen die übrigen 12 Tracks gepackt, die in 50:41 Minuten eingeprügelt wurden. Gerne schiebt man auch mal mehr mal minder dezente Piano- und Keyboardpassagen zwischen die deftigeren Passagen, die das jeweilige Szenenbild stets zu vertiefen wissen. Wie immer sticht auch das absolut stimmige und bis ins Detail ausgeklügelte Gitarrenspiel deutlich hervor. Da macht natürlich auch „Will To Power“ keine Ausnahme. Der Einsatz des zweiten Gitarristen Jeff Loomis (NEVERMORE), der ebenfalls im Jahr 2014, kurz nach Alissa zur Band stieß und der Nick Cordle ablöste, macht sich durch die eher klassischen Metal Parts bemerkbar, fügt sich aber perfekt in den ARCH ENEMY Sound anno 2017 ein. Somit kann man auch heuer wieder die unterschiedlichsten, traditionellen Metaleinflüsse und verdammt viel Thrash in ihrem erfrischenden Modern Swe Melo Death wiederfinden. Das tourwütige Fivepiece (die letzte Tour dauerte knapp drei Jahre) hat nie den Spirit der Anfangstage aus den Augen verloren, sich stetig weiterentwickelt und sich allen Herausforderungen gestellt, die das Leben eines Erzfeindes mit sich bringt.
Man erfindet sich zwar nicht neu und klaut schon mal bei sich selbst, bleibt seiner Linie dabei stets treu, gräbt aber aus seinem immensen Fundus doch tatsächlich immer wieder verdammt starke Ideen aus und schafft es obendrein noch diese astrein auszustaffieren und somit perfekt in Szene zu setzen. Ich muss allerdings auch zugeben, dass mich die massenkompatiblen Power Death Nummern à la „Blood In The Water“ nicht ganz so mitzureißen vermögen, wenn dann aber der fette und kontrastreiche Mittelteil einsetzt, bin ich eigentlich schon wieder besänftigt. Nicht zuletzt in den Refrains wird man jedoch gerne mal übertrieben zugänglich, aber das ist meckern auf höchstem Niveau. Die typischen ARCH ENEMY Songs, die dem Melo Death Fan verdammt viel Freude bereiten dürften, sind eingängig, melodisch, heavy und schlagen mit mächtig Power auf. Das teilweise ausufernd melodische Zusammenwirken der technisch imposanten Saitenakrobaten hat schon etwas Besonderes, etwas Erhabenes und ist auf ganzer Linie als technisch hochwertig zu bezeichnen. Bezüglich der 04:47-minütigen Ballade “Reason To Believe” rechtfertigt sich Bandboss Amott übrigens wie folgt: „The most surprising thing on this album is that we've written our first ever ballad. It's still a very metal song, but there's no way around the fact that it is a ballad and that might be quite controversial for a band like us, I guess. I'm excited to hear what our fans will think of that one, but I do feel that we can afford to spread our wings a bit on our tenth studio album!” Hat er doch gar nicht nötig die Rechtfertigung. Das Ding ist geil!
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Meine Wertung: 86/100
ARCH ENEMY in der aktuellen Besetzung:
Alissa White-Gluz – Vocals
Michael Amott – Lead Guitar
Jeff Loomis – Lead Guitar
Sharlee D'Angelo – Bass
Daniel Erlandsson – Drums
Tracklist:
01. Set Flame To The Night (01:18)
02. The Race (03:15)
03. Blood In The Water (03:55)
04. The World Is Yours (04:54)
05. The Eagle Flies Alone (05:16)
06. Reason To Believe (04:48)
07. Murder Scene (03:50)
08. First Day In Hell (04:48)
09. Saturnine (01:10)
10. Dreams Of Retribution (06:40)
11. My Shadow And I (04:06)
12. A Fight I Must Win (06:38)
TT: 50:41 Minuten
Anspieltipps: First Day In Hell, Reason To Believe, The Race, Blood In The Water, The World Is Yours, A Fight I Must Win
The World Is Yours:
The Eagle Flies Alone: