Eine seltsame Geschichte tischt uns der schottisch-stämmige Schriftsteller Anthony Ryan mit seinem ersten Horror-Thriller auf. Normalerweise eher im Fantasy- und Science-Fiction-Reich beheimatet, hat sich der, heute in London lebende Ryan, mit "Ein Fluss so rot und schwarz" auf neues Terrain gewagt.
Ein Mann erwacht auf einem Boot. Jenseits der Reling erstreckt sich eine Nebelwand. Vor ihm liegt ein uniformierter Toter. Auch er selbst ist uniformiert. Der Mann kann sich weder an seinen Namen noch an etwas Persönliches aus seinem Leben erinnern. Details, wie die US-amerikanische Dienstpistole des Toten, kann er hingegen eindeutig benennen. Auf dem Unterarm des Toten ist "CONRAD" tätowiert. Auf seinem eigenen Unterarm steht: "HUXLEY". Das Tauziehen seiner Gedanken, bezüglich seines offensichtlich eigenen Namens, bringt keinerlei Erinnerungen an seine Vergangenheit zurück. Neben ihm befinden sich noch weitere Überlebende an Bord. Drei Frauen und drei Männer. Sie alle sind komplett kahlgeschoren. Ihre Köpfe ziert eine nahezu identische Narbe. Sie verfügen über keinerlei Erinnerung, was geschehen ist und warum sie sich an Bord eines Patrouillenbootes befinden. Lediglich ihrer individuellen Fähigkeiten, die sich nach und nach immer deutlicher herauskristallisieren, sind sie sich gewahr. Warum erinnern sie sich nicht daran, wer sie sind und was geschehen ist? Wo sind sie genau? Warum ist das Boot, auf dem sie sich befinden auf Autopilot eingestellt und warum lässt es sich nicht manuell steuern? Während sie Antworten auf all diese Fragen suchen, erleuchtet ein Licht den Ruderraum und die sechs Ahnungslosen erlangen erste Erkenntnisse.
Der neue Horror-Thriller, des 1970 in Schottland geboren New York Times-Bestsellerautoren Anthony Ryan, klingt spannend, visionär und entrückt. "Ein Fluss so rot und schwarz" scheint sich jedenfalls nicht in den gewöhnlichen Fahrwassern zu bewegen. Gedanken an das Philadelphia-Experiment drängen sich zu Beginn des spannungsgeladenen und dystopischen Crossover aus Mystery-, SciFi-, Thriller- und Horror-Elementen auf. Die Spitzfindigkeiten und der fragwürdige Humor des Wahl-Londoners, wirken sich jedoch eher kontraproduktiv auf den, ansonsten straffen, rasanten und mitreißend arrangierten Plot aus. Das legt sich aber zum Glück im weiteren Verlauf der Story komplett. Anthony Ryan spielt mit dem erschreckenden Gedanken an Mindcontrol und der nagenden Ungewissheit seiner Probanden. Er erzeugt dabei eine beeindruckend mysteriöse, düstere, verstörende und bedrückende Atmosphäre, welche den Spannungsbogen permanent im oberen Bereich der Skala zu halten vermag. Das verwendete Gewaltpotenzial ist dabei allerdings nicht allzu drastisch dargestellt.
Als die Crew erkennt, dass sie sich kurz vor der Themse-Mündung befindet, erhält sie Instruktionen bezüglich ihrer Mission. Instruktionen, die erschreckend unmissverständlich sind. An Bord droht Gefahr. Eine Gefahr, die von ihnen selbst ausgeht. Als sich die ersten Veränderungen in Gang setzen und das zweite Crewmitglied dran glauben muss, fragen sich die übrigen Fünf zu Recht, was hier gespielt wird. Während um sie herum dichter Nebel herrscht, hören sie jenseits des Wassers Gefechte. Menschen schreien, stürzen sich von Brücken. Greift hier der Wahnsinn zum sich? Je näher die Crew der Wahrheit kommt, desto frustrierender wird ihr Auftrag. Diese Emotion überträgt sich zu gewissen Teilen auf den Leser. Warum sollen die Übriggebliebenen in all dem Nebel die Themse hoch nach London fahren? Wer gibt Ihnen eigentlich die Anweisungen und was ist das anvisierte Ziel? Aber was hilft all das Spekulieren, wenn man sich auf einer ferngesteuerten Irrfahrt Richtung Tod befindet?
"Ein Fluss so rot und schwarz" ist ganz klar auf Action, Spannung und Effekthascherei ausgelegt, hätte für mein Befinden aber gerne auch einen Tacken tiefgründiger sein dürfen. Dennoch hat der britische Autor Anthony Ryan einen interessanten Gedanken gesponnen, der sich mit dem Grauen auseinandersetzt, nicht die geringste Chance zum Überleben zu haben. Worauf die Crew auf ihrer Mission stößt, ist der aus Albträumen geborene blanke Horror!
(Janko)
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Brutalität/Gewalt: 56/100
Spannung: 82/100
Action: 83/100
Unterhaltung: 82/100
Anspruch: 39/100
Atmosphäre: 71/100
Emotion: 62/100
Humor: 04/100
Sex/Obszönität: 06/100
LACK OF LIES - Wertung: 82/100
Anthony Ryan - Ein Fluss so rot und schwarz
Tropen Verlag
Mystery-SciFi-Thriller
ISBN: 978-3-608-50179-7
272 Seiten
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag
Originaltitel: Red River Seven
Aus dem Englischen von Sara Riffel
Erscheinungstermin: 14.10.2023
EUR 22,00 Euro [DE] inkl. MwSt.
Weitere Formate:
ISBN eBook (epub): 978-3-608-12196-4
Erscheinungstermin: 14.10.2023
EUR 17,99 Euro [DE] inkl. MwSt.
"Ein Fluss so rot und schwarz" beim Tropen Verlag: https://www.klett-cotta.de/buch/Literarischer_Krimi/Ein_Fluss_so_rot_und_schwarz/829420
Buchtrailer: